Bonding – Eine spezielle Verbindung zwischen Mutter und Kind

Krankenhaus Lübbecke-Rahden bietet neue Methode beim Kaiserschnitt an

Liebe, die man sehen kann: Felix (11 Monate) mit Mutter Olga Beck

Lübbecke, 31.1.2017. Felix ist per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen. Die Mitteilung, dass aus medizinischen Gründen ein Kaiserschnitt notwendig ist, traf seine Mutter Olga Beck hart. Doch eine neue Methode beim Kaiserschnitt am Krankenhaus Lübbecke-Rahden hat für Olga Beck zwei Dinge in Einklang gebracht, die für sie sehr wichtig waren: die bestmögliche medizinische Sicherheit und ein positives Geburtserlebnis.

Normalerweise ist ein Kaiserschnitt eine emotionslose Angelegenheit. Nachdem der Bauch geöffnet und das Kind herausgeholt wurde, kommt der neue Erdenbürger erstmal in die Wanne, dann auf die Waage und dann zu seiner ersten medizinischen Untersuchung. In der Zeit wird der Bauch der Mutter zugenäht und die Operation beendet. Erst dann sehen  sich Mutter und Kind wieder. Dieses Vorgehen hat man am Krankenhaus Lübbecke grundsätzlich hinterfragt. „Bei normalen Geburten ist es mittlerweile Gang und Gäbe, dass das Kind nach der Geburt sofort zu seiner Mutter in den Arm kommt. Wir haben uns gefragt, ob das Vorgehen nicht auch bei einem Kaiserschnitt sinnvoll ist“, sagt Dr.  Albert Neff, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Krankenhaus Lübbecke-Rahden. Aus diesem Grund haben sich die Abläufe beim Kaiserschnitt in seiner Klinik grundlegend geändert. Die Mütter bekommen sofort nach der Geburt ihr Kind in ein sogenanntes Bonding-Top direkt auf die Brust gelegt: Haut an Haut, Herz an Herz. Der Vater darf ebenfalls mit dabei sein. Alles andere organisiert sich drum herum.

Olga Beck beschreibt ihr  Erlebnis so: „Alles andere trat in den Hintergrund. Für mich gab es nur Felix, meinen Lebensgefährten und mich.  Felix schien rundum zufrieden. Er begutachtete seine Eltern. Wir waren so glücklich und erleichtert, dass alles gut gegangen war, so dass die Umstände des Kaiserschnitts in den Hintergrund gerieten. Ich war so voller Glückshormone. Es war mir völlig egal, was um mich herum geschah. Ich hatte nur Augen für mein Baby.“
Eva Warneke, leitende Hebamme am Krankenhaus Lübbecke-Rahden, beschreibt, warum das Verfahren so wichtig ist. „Diese ersten Minuten ist die Zeit, in der sich Mutter und Kind, aber auch Vater und Kind ineinander verlieben. In diesen Minuten wird eine Verbindung geschaffen, die ein ganzes Leben über trägt. Kaum etwas kann wichtiger sein als diese Verbindung.“ Aus diesem Grund wird die in der Geburtshilfe als  „Goldene Stunde“ bezeichnete Zeitspanne am Krankenhaus Lübbecke-Rahden nur noch in absoluten Ausnahmefällen nicht eingehalten. „Dann achten wir aber sehr darauf, dass das Bonding so schnell es geht nachgeholt wird. Wir sprechen dann auch von Re-Bonding“, so Dr. Neff. Möglich ist aber auch, dass der Vater an die Stelle der Mutter tritt. Denn auch sein Herzschlag und seine Körpertöne sind dem Baby durch die Zeit der Schwangerschaft vertraut.

Um Mutter und Kind diese spezielle Verbindung in den ersten Lebensminuten zu geben, musste einiges im OP-Saal umorganisiert werden. Zuerst musste Platz für Mutter, Vater und Kind geschaffen werden. Am Kopf der Mutter, dort wo am Krankenhaus Lübbecke-Rahden jetzt die erste Familienzusammenführung stattfindet, ist eigentlich das Reich des Anästhesisten. „Es gab Befürchtungen, dass wir zu wenig Platz haben und bei Bedarf nicht schnell genug eingreifen können. Aber das hat sich alles nicht Bewahrheitet“, sagt Dr. Brigitte Lehning, Direktorin des Instituts für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin  am Krankenhaus Lübbecke-Rahden. Auch aus anderen Richtungen gab es durchaus Bedenken: Muss denn das Kind nicht erst untersucht werden? Wenn nicht gewaschen, dann doch wenigstens kurz abgewischt? Auch manche Eltern hatten Vorbehalte: Sollte nicht erst alle Größen gemessen werden? „Nein, das wichtigste ist jetzt Kontakt. Hautkontakt. Alles andere kann man später nachholen. Die ersten gemeinsamen Lebensminuten sind aber für immer vorbei“, so Dr. Albert Neff.
Sogar medizinisch ist das Bonding nach Angaben des Chefarztes messbar: Mütter brauchen weniger Schmerzmittel, weniger Beruhigungsmittel und weniger ärztliche Hilfe. „Die Komplikationsrate sinkt enorm“, so Dr. Neff. Vor 30 Jahren wurden Kaiserschnitte in der Regel  in Vollnarkose durchgeführt. Seit etwa 20 Jahren ist die Spinalanästhesie das übliche Verfahren, da sie risikoärmer für Mutter und Kind ist. Obwohl die Mutter bei Bewusstsein war, war es nicht üblich das Kind der Mutter auf die Brust zu legen. „Die neue  Methode ist sozusagen die Weiterentwicklung der Spinalanästhesie. Sie ermöglicht den Müttern ihr Kind in den ersten Lebensmomenten zu erleben und so einem natürlichen Geburtserlebnis möglichst nahe zu kommen“, erzählt  Dr. Brigritte Lehning, Direktorin des Instituts für Anästhesiologie.

Die Geschäftsführerin des Krankenhauses Lübbecke-Rahden, Dr. Christine Fuchs, freut sich über das innovative Verfahren, das an ihrem Haus beim Kaiserschnitt angewendet wird. „Es zeigt, dass es immer wieder lohnt, Bewährtes zu hinterfragen. Nicht alles ist gut, nur weil man es immer schon so gemacht hat. Mit einfachen Änderungen in der Durchführung des Kaiserschnittes hat die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe einen enormen Mehrwert für alle betroffenen Mütter geschaffen“, sagt Dr. Fuchs.

Wer sich über die Möglichkeiten des Bonding beim Kaiserschnitt am Krankenhaus  Lübbecke-Rahden informieren will, kann zu einem der nächsten Kreißsaalinformationstage kommen. Der nächste Termin ist am Sonntag, 19. Februar, um 17 Uhr im Krankenhaus Lübbecke. Treffpunkt ist das Sozialzentrum.

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