Auf der Suche nach den Chirurgen von morgen

Studierende aus ganz Deutschland lernen von MKK Chirurgen

Zeigen den Studierenden wie ein Urinkatheter in die Blase eingeführt wird: Prof. Dr. Hansjürgen Piechota (r.), Chefarzt der Klinik für Urologie und Prof. Dr. Berthold Gerdes, Chefarzt der Klinik für Allgemeinchirurgie am JWK Minden.

Wenn es um den Beruf des Chirurgen geht, ist Professor Dr. Berthold Gerdes in seiner Begeisterung kaum zu bremsen. Während mehrere Medizinstudierende noch etwas unschlüssig auf einen dünnen Schlauch blicken, den sie durch den Brustkorb in die Lunge einführen sollen, ergreift Chefarzt Gerdes die Initiative. "Wie wollen sie über eine Thoraxdrainage schreiben, ohne sie selbst gelegt zu haben?", fragt er den Autoren dieser Zeilen mit einem Lächeln. "Ziehen sie sich mal ein Paar Handschuhe über." Und so wird innerhalb von Sekunden aus dem Beobachter ein Teilnehmer des Workshops "Chirurgie zum Mitmachen", in dem junge Mediziner für das Fach begeistern werden sollen.

Professor Dr. Berthold Gerdes leitet am Mindener Johannes Wesling Klinikum Minden die Klinik für Allgemeinchirurgie, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie. Er ist seit 1989 Arzt und macht keinen Hehl daraus, dass dies nicht einfach ein Job sei. "Chirurg zu werden, ist eine Lebensentscheidung. Sie begleiten ihre Patienten in deren Krankheit. Und das geht nicht immer nur zwischen acht und sechzehn Uhr", sagt Gerdes. "Mit diesem Beruf ist man ein Dienstleister am Menschen, von dem viel Engagement erwartet wird. Doch die Chirurgie ist ein auch ein Handwerk, mit dem man Menschen unmittelbar helfen kann."

Berührungsängste abbauen
Für den Autoren gilt dieser Aspekt nur bedingt. Denn allein schon die richtige Stelle für die Thoraxdrainage zu finden, ist zeitaufwendig. Geübt wird am Brustkorb eines Schweins, der zwar etwas kleiner als beim Menschen ausfällt, aber ähnliche Bedingungen bietet. Nach einem Schnitt in die Haut gilt es mit einer OP-Schere eine Öffnung zwischen zwei Rippenknochen zu schaffen. "Sie sollten ruhig ihren Zeigefinger nutzen, um zu ertasten, ob die Öffnung schon bis an die Lunge reicht", erklärt der Chefarzt. Tatsächlich glaubt man, schon weit vorgedrungen zu sein, ist aber noch lange nicht im Innern des Brustkorbs.

Thoraxdrainagen müssen oft unter großem Zeitdruck gelegt werden. Sie dienen dazu, Luft, Blut oder andere Flüssigkeiten aus dem Brustkorb zu entfernen. Dies ist oftmals nach schweren Unfällen nötig, wenn der Oberkörper Verletzungen davon getragen hat. Doch in diesem Fall dauert es Minuten, bis endlich eine Öffnung vorliegt und der Schlauch eingeführt werden kann, der anschließend noch mit einem dünnen Faden fixiert werden muss. "Reine Übungssache", sagt Gerdes. "Bei einem Unfall hätten sie jetzt schon einen Wissensvorsprung."

Nur Mut
Mit diesem Optimismus geht der Chefarzt die Stationen des Schnupperkurses ab, der auch unter dem Motto "Nur Mut, Minden" steht. Wenige Behandlungsräume weiter zeigt eine Gruppe Neurochirurgen, wie man ein Loch in die Schädeldecke bohrt, ohne dabei das Gehirn zu verletzten. "Wenn eine Schwellung im Kopf entsteht, muss eine Öffnung geschaffen werden, um den Druck auf das Gehirn zu verringern", sagt der Neurochirurg. Üben können die Medizinstudierenden das an einer fixierten Kokosnuss. Wie vorhergesagt, stoppt der Bohrer abrupt, als die Schale durchbrochen wird.

Insgesamt nahmen 36 Medizinstudenten und angehende Ärztinnen und Ärzte an dem 7. Mindener Workshop teil. Die hohe Qualität des Angebotes hat sich offensichtlich in Deutschland herumgesprochen. Die Teilnehmer kamen aus Berlin, Bochum und Dortmund, um hier erste OP-Übungserfahrungen zu sammeln. "Mein besonderer Dank geht auch an unsere Mitarbeiter und die Kolleginnen und Kollegen der anderen beteiligten Kliniken im JWK und aus den Krankenhäusern Lübbecke-Rahden und Bad Oeynhausen", betont Gerdes. Neben den Kliniken für Allgemeinchirurgie von Prof. Dr. Berthold Gerdes, Dr. Uwe Werner und Dr. Klaus Dieter Rinne beteiligten sich noch die Klinik für Neurochirurgie von PD Dr. Ulrich Knappe, die Klinik für Mund- Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie mit PD Dr. Dr. Martin Scheer, die Klinik für Urologie mit Prof. Hansjürgen Piechota, die Klinik für Unfallchirurgie, Handchirurgie und orthopädische Chirurgie des Krankenhauses Bad Oeynhausen von Dr. Mirko Schneider, die Konzerngefäßchirurgie von Dr. Heinrich Walter, die Klinik für Nierenheilkunde und Bluthochdruck Prof. Dr. Jörg Radermacher und die Anästhesie mit Dr. Tim Lendzian. Weitere Workshop-Stationen befassten sich mit dem Nähen von Wunden, Operationen an Mikroskopen, dem Einführen von Kathetern und der Reanimation von Patienten. "Wir halten diesen Schnupperkurs schon seit mehreren Jahren ab, denn es gilt, die Studenten schon frühzeitig für die Fachrichtung Chirurgie zu begeistern", sagt Chefarzt Gerdes.

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