Sonne – der Wohlfühlfaktor mit Nebenwirkungen

Prof. Dr. Rudolf Stadler im Interview

Sonne bietet kein ungetrübtes Vergnügen.

Über die Osterfeiertage ein Kurzabstecher in den Süden oder schon einmal mit einem Gang ins Solarium die Hautfarbe auf den Sommerurlaub an der Nordsee vorbereiten - Mit den wärmeren Temperaturen stellt sich mal wieder die Frage: Wie kann ich meine Haut vor gefährlichen und krankmachenden Einflüssen bewahren. Prof. Dr. Rudolf Stadler, Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Phlebologie gibt Auskunft, wie man sicher durch das Jahr kommt.

Frage: Hauptsache schön braun, das ist ein weitverbreiteter Wunsch. Ein richtiger aus Ihrer Sicht als Hautexperte?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Ganz sicher nicht. So sehr machen Menschen diesem Schönheitsideal auch anhängen, die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache. Die Deutsche Krebshilfe hat festgestellt, dass die Zahl der Hautkrebsneuerkrankungen in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen hat. Jedes Jahr wird bei mehr als 250.000 Menschen in Deutschland Hautkrebs diagnostiziert. Tendenz steigend. Immer häufiger sind auch jüngere Menschen betroffen. Diesen Trend sehen wir auch eindeutig in unserer Klinik, in der sich Menschen aus ganz Norddeutschland behandeln lassen. Dabei gibt es einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen der Nutzung von Solarien und dem ungeschützten Sonnenbad und der Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Hautkrebs.

Frage: Was ist Hautkrebs denn eigentlich?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Hautkrebs ist ein Oberbegriff für sämtliche bösartigen Veränderungen der Haut und eine der häufigsten Krebserkrankungen überhaupt. Das UV-Licht der Sonne gilt bei der Entstehung der bösartigen Wucherungen als Hauptursache. Durch die ungebremste Vermehrung der entarteten Hautzellen wird die Struktur der Haut zerstört. Durch die Blut und Lymphbahnen im Körper kann sich der Krebs, wenn er nicht früh genug erkannt wird, in andere Organe ausbreiten. Hauptrisikofaktor für das Entstehen von Hautkrebs ist die ultraviolette Strahlung im natürlichen Sonnenlicht oder im Solarium. Dabei sind vor allem in Kindheit und Jugend erworbene Hautschäden maßgeblich für das spätere Entstehen von Hautkrebs verantwortlich. Kinderhaut reagiert besonders sensibel auf UV-Strahlen, da sie im Vergleich zur Haut von Erwachsenen anders strukturiert ist. Die Stammzellen liegen bei Kindern sehr viel dichter unter der Hautoberfläche und sind den Strahlen deswegen stärker ausgesetzt.

Frage: Wenn es die UV-Strahlen sind, die gefährlich sind, kann ich mich dann nicht mit anderen Strahlen bräunen?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Aufgrund meiner beruflichen Verpflichtungen komme ich nicht in große Versuchung, mich ungeschützt der Sonne zu exponieren. Meinem Hobby dem Skilaufen gehe ich mit entsprechendem Sonnenschutz nach. Trotzdem bräune ich,, ohne Schaden zu nehmen. Frage: Ist Hautkrebs immer gleich? Prof. Dr. Rudolf Stadler: Nein, je nach betroffener Zellart gibt es auch unterschiedliche Hautkrebstypen: den weißen Hautkrebs und den schwarzen Hautkrebs. Bestimmte Arten des weißen Hautkrebses treten vor allem an jenen Körperregionen auf, die dem Licht ausgesetzt sind, wie Gesicht, Händen und Ohren. Der schwarze Hautkrebs ist eine besonders bösartige Form, die häufig an bedeckten Körperstellen auftreten. Er ist so gefährlich, weil er früh Tochtergeschwülste bildet und dann oft nicht mehr heilbar ist.

Frage: Warum steigt die Zahl der Erkrankten?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Zum einen liegt das am veränderten Freizeitverhalten der Deutschen. Wir setzen uns immer häufiger und länger den UV-Strahlen der Sonne aus, ohne dabei auf einen ausreichenden Schutz durch Kleidung und Creme zu achten. Dazu kommt der unkritische Umgang mit Solarien. Zweiter Grund ist der demografische Wandel und der immer größer werdende Anteil von über 60-Jährigen an der Bevölkerung. Je älter ein Mensch wird, desto größer das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Wir stellen Hautkrebs zunehmend bei zwei Gruppen fest: Bei jungen Frauen und bei älteren Männern. Erstgenannte, weil sie gerne ins Solarium gehen, Letztgenannte, weil sie nicht so stark auf Vorsorge achten.

Frage: Wer sollte besonders auf sich achten?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Gefährdet sind besonders hellhäutige Menschen, Personen, die in der Kindheit und Jugend häufig Sonnenbrände hatten sowie dauergebräunte Menschen, bei denen der Reparaturmechanismus der Haut überfordert ist. Ein sehr hohes Hautkrebsrisiko haben Patienten mit eingeschränktem Immunsystem, zum Beispiel wenn sie nach einer Organtransplantation Immunsuppressiva einnehmen.

Frage: Wie gefährlich sind Solarium- Gänge tatsächlich?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Mit jedem Besuch im Solarium erhöht sich das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Dabei sind besonders junge Menschen gefährdet. Wenn Solarien bis zu einem Alter von 35 Jahren regelmäßig besucht, verdoppelt sich das Risiko, am besonders aggressiven schwarzen Hautkrebs zu erkranken. Deshalb gilt für Jugendliche unter 18 Jahren ja auch ein Solariumverbot. Ich kann nur ganz konsequent davon abraten, Solarien zu nutzen.

Frage: Wie lässt sich Hautkrebs erkennen?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Je früher Hautkrebs entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Deshalb empfehlen wir, den eigenen Körper zu beobachten. Damit auch der Laie entsprechende Hautveränderungen entdecken kann, gibt es eine einfache ABCDRegel: Die Abkürzung steht für Asymmetrie, Begrenzung, Colour (Farbe) und Durchmesser. Ein Fleck kann gefährlich sein, wenn er asymmetrisch aufgebaut ist, eine unscharfe ausgefranste Begrenzung hat, mehrere fleckige Farbtöne hat oder sich in seiner Form, Farbe oder Dicke verändert. Wenn der Krebs früh genug erkannt und behandelt wird, ist die Prognose und die Aussicht auf Heilung gut. Problematisch wird es, wenn der Krebs bereits Metastasen gebildet hat.

Frage: Was empfehlen Sie zur Vorsorge?
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Ausgiebige Sonnenbäder meiden, die Haut im Freien mit Hüten, Kleidung oder Creme schützen und natürlich Solarien meiden. Man sollte sich selber oder seine Familie beobachten, ob es eben beschriebene Veränderungen an der Haut gibt und bei einem Verdacht einen Experten konsultieren. Außerdem gibt es für über 35-Jährige ein Vorsorgeprogramm der Krankenkassen. Alle zwei Jahre können sie ein sogenanntes Hautkrebsscreening in Anspruch nehmen, bei dem der ganze Körper von einem Dermatologen unter die Lupe genommen wird.

Frage: Viel Hoffnung machen Sie den Menschen ja nicht, braun werden zu können und trotzdem gesundheitliche Risiken zu vermeiden.
Prof. Dr. Rudolf Stadler: Tut mir leid, dass ich da so ein wenig die Spaßbremse machen muss, aber es ja keinen Zweck die Gefahr von Sonnenstrahlung und von Solarien herunterzuspielen.

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