Herzspezialisten am Universitätsklinikum Minden mit NRW-Premiere

Perspektiven für jüngere Patienten durch selbstauflösenden Metallstent

Die Bleistiftspitze erlaubt den Größenvergleich. Dieser Metallstent, zur Behandlung von Herzerkrankungen, wurde jetzt von den Herzspezialisten am Universitätsklinikum Minden eingesetzt.

Die Unterversorgung des Herzens mit Sauerstoff ist immer noch eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Zum Herzinfarkt kommt es, wenn ein Herzkranzgefäß so verengt oder durch Ablagerungen verstopft ist, so dass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden kann. "Im Vorfeld klagen die meisten Patienten über Luftnot oder ein Engegefühl in der Brust", verdeutlicht PD Dr. Marcus Wiemer, Direktor der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin im Universitätszentrum Innere Medizin im Johannes Wesling Klinikum Minden. "Wir bringen dann ein Metallröhrchen, den so genannten Stent an die betroffene Stelle im Blutgefäß, der die Engstelle dehnt und offen hält."

Diese Methode ist bewährt und wird in vielen kardiologischen Abteilungen in Deutschland so angewendet. Neu ist, dass im Universitätsklinikum Minden ein Metallstent eingesetzt wird, der sich wieder auflöst. "Für den ersten Moment bedeutet das keinen Unterschied für den Patienten", erklärt Dr. Alexander Samol, Oberarzt der Klinik und Leiter des Herzkatheterlabors. "Wir erleben aber zunehmend junge Patientinnen oder Patienten mit einer Begleiterkrankung, die es wahrscheinlich machen, dass es im weiteren Verlauf ihres Lebens zu einer Nachbehandlung kommt. Hier bietet das neue Verfahren deutliche Vorteile." Es gibt Konstellationen, in denen Herzpatienten einen Bypass, also eine Gefäßumleitung benötigen. Dieser Bypass muss in die vorhandene Gefäßstruktur implantiert werden. Eine Gefäßregion, die bereits mit einem Stent versehen ist, kann nicht mehr für so einen Bypass genutzt werden. "Solche Situationen stellen die Herzchirurgen dann vor echte Probleme", betont Klinikdirektor Wiemer.

Bereits vor vier Jahren hatte er seine Innovationsführerschaft in OWL unter Beweis gestellt, als er zum ersten Mal in der Region eine Kunststoff-Gefäßstütze implantierte, die sich auch im Lauf der Zeit auflöst. Der neue sich auflösende Metallstent hat demgegenüber zwei Unterschiede. Erstens, der Stent löst sich bereits nach etwa einem Jahr fast vollständig als ein Mineralstoff, der auch im Körper des Menschen vorkommt, auf. Zweitens hat das Geflecht beim Einsetzen metallische und damit stabilere Eigenschaften. Zudem erhält das Gefäß seine regulierende Eigenschaft zurück. Nämlich, sich erweitern und zusammenziehen zu können. Das wird durch herkömmliche permanente Stents verhindert.

Minimale Menge Magnesium
Die Stabilität ist umso erstaunlicher, als dass der Metallstent aus einer sehr geringen Menge Magnesium besteht. Wer den Inhalt einer Flasche handelsüblichen Mineralwassers zu sich nimmt, nimmt mehr von dem Metall auf, als die Gefäßstütze enthält. "Magnesium ist das viertwichtigste Element im Körper und für die Muskel- und Nervenfunktion sowie für die kardiovaskuläre Gesundheit von Bedeutung", ordnet Herzspezialist Wiemer ein. "Insofern ist der Abbau des Magnesiums ein fast normaler Stoffwechselprozess, der den menschlichen Organismus vor keine besonderen Herausforderungen stellt." Der neue Stent wurde von der Firma Biotronik entwickelt. In Deutschland wurde er nach der Zulassung erst in fünf Kliniken eingesetzt. Auch am Universitätsklinikum Minden wird der Einsatz dieser innovativen Gefäßstütze nicht zur Standardtherapie werden. "Er wird immer dann zum Einsatz kommen, wenn das Alter des Patienten oder die Begleiterkrankungen diese Therapie erforderlichen machen", erklärt Wiemer. Die Premiere mit dem sich selbst auflösenden Metallstents im JWK dauerte übrigens 30 Minuten. So lange waren die Herzspezialisten im Herzkatheterlabor des Universitätsklinikums in Minden damit beschäftigt, unter ständiger Röntgenkontrolle, den Katheterschlauch zur Gefäßverengung zu schieben und dort die neue Stütze abzusetzen. Der Premierenpatientin geht es wieder sehr gut. Bereits nach 2 Tagen konnte sie das Johannes Wesling Klinikum Minden beschwerdefrei verlassen.

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