Hilfe bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen

Bundesweite Vorreiter bei der vernetzten Behandlung

Morbus Crohn ist eine Erkrankung, die ein ständiger Begleiter ist. Sandra B. muss regelmäßig Medikamente nehmen. Teilweise auch mit Hilfe einer Spritze.

„So lange ich denken kann, hatte ich schon immer einen empfindlichen Bauch“, erinnert sich Sandra B.. Gedacht hatte sich die 36-Jährige dabei nie etwas dabei, bis zum Herbst 2002. „Damals hatte ich plötzlich Bauchkrämpfe und Durchfälle, wie ich sie noch nie zuvor erlebt habe“, beschreibt die Mindenerin die damalige Ausnahmesituation. „Mir war schnell klar, dass ich mit meinen Hausmitteln am Ende war und auch mein Hausarzt schätzte die Situation schnell so ein, dass ich einen Spezialisten aufsuchen müsse.“
Auf Sandra B. kamen jetzt eine Reihe von Untersuchungen zu. Nach Blutuntersuchungen, Ultraschall und Darmspiegelung stand die Diagnose schließlich fest: Morbus Crohn. „Das war eine einschneidende Mitteilung, die ich der Patientin damals machen musste“, weiß Dr. Bernd Bokemeyer, niedergelassener Facharzt in der Gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis Minden. „Morbus Crohn ist eine Erkrankung mit vielen Facetten. Es finden sich unterschiedlich schwere Verläufe, die sich teilweise schubweise zeigen können, die Patienten aber ihr Leben lang begleiten. Die Behandlung erfolgt mit Medikamenten, die die chronische Entzündung möglichst lange unterdrücken“.

Zunächst halfen Medikamente
So konnten die Ärzte auch bei Sandra B. die Symptome der Erkrankung in den Griff bekommen. Trotz der ständigen medizinischen Begleitung und medikamentösen Einstellung können im weiteren Verlauf so einer Erkrankung aber Narben, Fisteln und andere Probleme auftreten, die im Laufe des Lebens bei fast der Hälfte der Patienten eine operative Behandlung notwendig machen. So war es auch bei Sandra B.. „Sieben Jahre ging es mit den Medikamenten gut. Doch dann wurden die Beschwerden wieder massiver.“ „Da sich eine narbige Enge gebildet hatte, war das allein medikamentös nicht mehr behandelbar“, ergänzt der Gastroenterologe Bokemeyer, der jüngst in der bundesweiten Liste der Spezialisten für chronisch entzündliche Darmerkrankungen des Focus aufgeführt wurde.
Nach zusätzlichen Untersuchungen in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionskrankheiten im Johannes Wesling Klinikum Minden (JWK) zum Ausschluss weiterer Verengungen im Dünndarmbereich, stand dann das weitere Vorgehen fest. Chefarzt Prof. Dr. Carsten Gartung: „Auch beim behandeltem Morbus Crohn kann es durch einen Wechsel von Entzündung und Heilung des Gewebes im Laufe der Zeit zu teils massive Vernarbungen kommen, die dann zu Engstellen im Darmbereich führen können.“ Eine Operation war jetzt unausweichlich. Schon damals arbeiteten die Spezialisten in Minden und Umgebung interdisziplinär auf diesem Gebiet zusammen. So war eine Weiterbehandlung unproblematisch und ohne Informationsverlust über die Krankengeschichte der Patientin möglich. Die Operation führte das Team von Prof. Dr. Berthold Gerdes, Chefarzt der Klinik für Allgemeinchirurgie, Viszeral-, Thorax- und Endokrine Chirurgie am JWK durch. „Die Engstelle wurde bei der Operation entfernt. Solch ein Eingriff kann nur in einer spezialisierten Klinik durchgeführt werden, da hier die nötige Erfahrungen für die nötige Sorgfalt bei dieser Operation vorliegen“, so Gerdes.

Tücken der chronischen Erkrankung
Sandra B. hatte anschließend einige Jahre Ruhe mit ihrer Erkrankung und benötigte nur wenige Medikamente. Dann kam jedoch wieder eine Phase mit stärkerer Entzündungsaktivität. Vor drei Jahren hatte sich aus den Experten rund um das Thema chronische Darmerkrankungen das „Interdisziplinäre Crohn Colitis Centrum Minden/Ostwestfalen-Lippe“, kurz ICCCM/OWL gegründet. Das Ziel der Mediziner aus Praxen und Kliniken: Wissen bündeln und verlässliche Patientenfallkonferenzen organisieren, um so eine möglichst optimale Rahmenbedingungen für die Patienten zu schaffen. Die Initiative ging damals maßgeblich von Dr. Bernd Bokemeyer aus. Aus seiner Erfahrung als Mitautor nationaler und europäischer Leitlinien für die Diagnose und Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wusste er, wie wichtig die Vernetzung der behandelnden Mediziner ist.

Auch Sandra B. profitierte von dem Versorgungsnetzwerk. Sie konnte beispielsweis, nachdem die erweiterten entzündungshemmenden Medikamente nicht mehr ausreichend wirkten, sehr schnell ein ganz neues Medikament bekommen, da das ICCCM/OWL an einer Medikamentenstudie teilnahm. Dennoch entwickelte sich eine neue narbige Enge im Darm, die Ende 2013 eine erneute Operation erforderlich machte. „Auch diesmal mussten nur wenige Zentimeter des Dünndarms entfernt werden“ erinnert sich Dr. Daniel Zeyse, Oberarzt in der Klinik von Prof. Gerdes, der damals den Eingriff vornahm. „Wir versuchen als Chirurgen möglichst sparsame Darmentfernungen vorzunehmen, damit im Verlauf des Lebens eine genügende Darmlänge verbleibt.“

Vernetzung sichert Versorgungsqualität
Sandra B. hat in den vergangenen Jahren viel mit ihrer Erkrankung erlebt und durchmachen müssen. Dies wird auch in der Zukunft so bleiben. „Klar, ich muss immer noch auf meine Ernährung achten und ich bespreche mich immer wieder mit Dr. Bokemeyer, ob die Medikamente, die ich im Moment nehme, noch die richtigen sind, aber im Moment bin ich mit meiner Gesundheit wirklich zufrieden und fühle mich bei dieser intensiven Kooperation zwischen Praxis und Klinik in guten Händen“, bekräftigt die Patientin. Das Beispiel der 36-Jährigen zeigt, wie kompliziert und langwierig die Behandlung des Morbus Crohn ist. Gerade bei komplizierten und schweren Verläufen von Morbus Crohn ist ein enges Zusammenspiel der verschiedenen Therapeuten für die Patienten entscheidend. „Wir können unseren Morbus Crohn Patienten wirklich hervorragende Behandlungsangebote machen und damit ganz andere Lebensperspektiven bieten“, erklärt der Darmspezialist Bokemeyer. „In unserem Interdisziplinären Crohn Colitis Centrum Minden“ kommen Experten aus Praxen und Krankenhäusern, egal ob Chirurgen oder Gastroenterologen zusammen, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu bündeln. Gemeinsam können wird dann individuelle und abgestimmte Behandlungskonzepte für jeden Patienten entwickeln, mit ihm besprechen und dann umsetzen.“

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