Minden ist eine der Wiegen der modernen Schlaganfalltherapie

Glahn in der Planungsgruppe der Europäischen Schlaganfallkonferenz

Es ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit und des ständigen Bemühens, die Aussichten von Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall zu verbessern: Dr. Jörg Glahn, Leitender Oberarzt in der Universitätsklinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Johannes Wesling Klinikum Minden, wurde in diesem Jahr in der Konferenzplanungs Kerngruppe der Europäischen Schlaganfallkonferenz berufen. Was sich für den Laien etwas sperrig und unverständlich anhört ist letztendlich ein Beleg für den hervorragenden Ruf, den die Klinik mit ihrem Team seit langem in Deutschland und ganz Europa genießt.

Glahn ist ein Urgestein dieser Klinik und des Mindener Klinikums. Bereits während seines Zivildienstes im Klinikum nahm er 1982 Witterung auf, dass dies ein Ort sein könnte, an dem er es aushalten könnte. Es folgte die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und das Studium der Humanmedizin in Gießen und in Münster. "Die Neurologie und auch Neurochirurgie haben mich schon früh in meiner Ausbildung fasziniert", erinnert sich der Facharzt für Neurologie. "Das Gehirn, das war einfach meins." So führte ihn sein Weg zurück in eine der führenden neurologischen Kliniken in Deutschland, nämlich nach Minden. Hier war bereits vor 20 Jahren eine der ersten spezialisierten "Stroke-Units" für Schlaganfallpatienten in ganz Deutschland eingerichtet worden. Für Glahn eine Situation, um sich mit seinen Erfahrungen einbringen zu können. "Von Anfang an war uns in der Neurologie klar, dass die Behandlung von Schlaganfallpatienten Teamarbeit ist. Aufgrund meiner Vorbildung als Krankenpfleger hatte und habe ich ein besonderes Interesse, Pflegende und Therapeuten auf das neue Tätigkeitsfeld auf der Spezialstation durch eine intensive Fortbildung vorzubereiten."

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Akademie für Gesundheitsberufe gelang es Glahn ein spezielles Fortbildungsprogramm zu entwickeln. Diese "Stroke-Unit-Qualifikationskurse" sind mittlerweile ein von der Deutschen Schlaganfallgesellschaft festgelegter Standard, wenn es darum geht, Schlaganfall-Stationen in Deutschland einzurichten und zu zertifizieren.

Harmonisierung von Standards

Glahn ist Vorsitzender der Kommission "Fortbildung für Pflegekräfte auf Schlaganfallstationen" der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft (DSG) und in der Stroke Unit Kommission der DSG aktiv. Außerdem ist er Autor und Mitherausgeber eines Buchs zur Pflege von Schlaganfallpatienten im Kohlhammer-Verlag. In den zurückliegenden Jahren war er regelmäßig als Referent auf nationalen und internationalen Kongressen unterwegs. "Man kann sagen, dass wir in Deutschland ein vergleichsweise sehr hohes Niveau bei der Schlaganfallbehandlung haben", erklärt der 55-Jährige. "Das fängt an bei der Dichte der spezialisierten Abteilungen mit ihren diagnostischen Möglichkeiten und reicht weiter über die Qualität der Akuttherapie, der Anschlussbehandlung bis hin zur Reha." Im Moment plant Glahn gerade die große Europäische Schlaganfallkonferenz im Mai 2017 in Prag auf der etwa 3500 Schlaganfallexperten aus der ganzen Welt erwartet werden. Zusammen mit sieben weiteren, weltweit anerkannten Experten des ganzen Kontinents sichtet er Themen, stellt Fachgruppen und Referenten zusammen. Sein Spezialgebiet, wie auch nicht anders zu erwarten, die professionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Medizin, Pflege und Therapeuten. "Insgesamt konnten wir in den vergangenen Jahren viel erreichen, was die Angleichung von Behandlungs- und Ausbildungsstandards auf europäischer Ebene angeht. Doch in Osteuropa gibt es Regionen, in denen ein großer Nachholbedarf aber auch ein großes Interesse an Fortbildung besteht." Um eine möglichst einfache und rasche Verbreitung von Kompetenzen zu sichern, arbeitet Glahn mit seinen Kollegen auf europäischer Ebene gerade an einem englischsprachigen Pflegeausbildungskonzept, das internetbasiert sein soll. "Es wäre schon toll, wenn wir es schaffen würden, in noch mehr Ländern einen so hohen Versorgungsstandard wie bei uns zu erreichen", fasst Neurologe Glahn seine Motivation zusammen. Einen ganz konkreten Beitrag, dieses Ziel zu erreichen, leistet auch das Johannes Wesling Klinikum Minden. Schon seit Jahren hospitieren hier regelmäßig Pflegefachkräfte, Ärzte und Therapeuten, um vom professionsübergreifenden Können und Wissen auf der Mindener Stroke-Unit zu profitieren. "Da machen alle Kolleginnen und Kollegen jedes Mal einen tollen Job, dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken." Bereits im Herbst 2016 können Glahn und die anderen Schlaganfallexperten in Minden den nächsten internationalen Besuch empfangen. Dann hospitieren angehende Spezialisten aus Estland, der Tschechischen Republik, aus Mezedonien, Bulgarien, aus der Ukraine, aus Polen, Georgien, Lettland, Rumänien, Albanien und Kirgistan am Universitätsklinikum Minden

Infokasten:

Was sind die Symptome eines Schlaganfalls?
Die Symptome treten plötzlich auf, "wie vom Schlag getroffen". Das kann ein Kribbeln oder auch Taubheitsgefühl in Armen und Beinen sein. Hinzu können Beeinträchtigungen der Motorik wie Lähmungen, Koordinationsstörungen, undeutliches. Sprechen wie auch eine fehlerhafte Sprache kommen. Auch können die Betroffenen unter Einschränkungen ihres Seh- und Hörvermögens leiden. Auf Außenstehende machen Schlaganfall-Patienten bisweilen einen verwirrten Eindruck. 
 
Wodurch wird ein Schlaganfall ausgelöst?
Schlaganfälle haben häufig ein ähnliches Muster: In den Blutgefäßen vor dem Hirn, im Gehirn oder aber im Herzen bilden sich Gerinnsel, die vor Ort einen Verschluss verursachen oder die sich ablösen können und ins Gehirn wandern. Dieser Typ macht 80-85% aller Schlaganfälle aus. Wird die Blutzufuhr zu Hirnanteilen durch eine solche Gefäß-Verstopfung unterbrochen, entsteht der akute Schlaganfall. Die entsprechenden Hirn-Areale werden dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Zunächst stellen die betroffenen Zellen nur ihren Dienst ein und die Patienten empfinden ein Kribbeln, haben Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle, Sehstörungen oder Sprachstörungen. Dauert die Unterversorgung zu lange, werden die nicht durchbluteten Bereiche irreversibel zerstört. Bei der zweiten großen Gruppe von Schlaganfällen in 15-20% kommt es zu einer Einblutung in oder um das Gehirn durch Einriss eines Blutgefäßes.
 
Was ist eine Stroke-Unit?
Eine "Stroke Unit" ist eine spezialisierte Überwachungsstation, auf der akute Schlaganfallpatienten durch ein multiprofessionelles Team aus Pflegenden, Therapeuten und Ärzten behandelt werden. Dies betrifft sowohl die Akuttherapie als auch die frühe Rehabilitation. Diese organisierte Behandlung trägt wissenschaftlich erwiesen maßgeblich zum Überleben und verbesserten Outcome der Patienten aller Altersgruppen bei. Sollte es zu Komplikationen kommen, kann mit Hilfe technischer Überwachungsmöglichkeiten und speziellen Therapien eine optimale und schnelle medizinische und pflegerische Versorgung des Patienten gewährleistet werden. Die überregionale "Stroke Unit" am Johannes Wesling Klinikum Minden war eine der ersten in Deutschland, verfügt aktuell über 14 Spezialbetten und gehört zu den größeren Einheiten ihrer Art in Deutschland. Durch die enge Vernetzung am JWK mit den spezialisierten Nachbardisziplinen, wie(Neuro-)Radiologie, Neurochirurgie, Gefäßchirurgie, Kardiologie, Anästhesiologie und Neurogeriatrie bieten wir im Mühlenkreis aber auch für das Schaumburger Land eine Schlaganfallversorgung auf höchstem Niveau auch im Vergleich mit nationalen, europäischen und internationalen Standards an.

Newsletter
Klinikfinder