Olympische Einblicke vom deutschen Teamarzt in Rio de Janeiro

Prof. Bernd Wolfarth über die Vorbereitung der Sommerspiele 2016

Olympische Einblicke vom deutschen Teamarzt in Rio de Janeiro bei der Veranstaltung „Sporttrauma Minden – Hand auf’s Herz: (v. l.) Ulrich Grünwald, Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Prof. Dr. Bernd Wolfarth, Leitender Mediziner für die Deutsche Olympiamannschaft bei den Sommerspielen 2016, und Prof. Dr. Johannes Zeichen, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, spezielle Unfallchirurgie.

Die olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro sind eine sportliche Großveranstaltung, die von der Öffentlichkeit vor allem am Fernsehen wahrgenommen wird. Doch was passiert hinter den Kulissen und abseits der TV-Kameras? Professor Dr. Bernd Wolfarth, Leitender Arzt des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) kann nicht nur aus medizinischer Sicht Einblicke geben. Prof. Dr. Johannes Zeichen, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Johannes Wesling Klinikum Minden (JWK), unterstützt die Interdisziplinarität und den notwendigen Weitblick in der Medizin für umfangreiche Weiterbildungen und konnte den namhaften Mediziner dafür nach Minden holen. Bei einer Fortbildungsveranstaltung der Mühlenkreiskliniken am JWK mit dem Thema "Sporttrauma Minden - Hand auf's Herz" gab der Chefarzt der interdisziplinären Abteilung Sportmedizin an der Berliner Charité auch ein paar olympische Anekdoten zum Besten.

Logistische Herausforderungen bewältigen
Zu Beginn aber berichtete Professor Dr. Bernd Wolfarth über die logistischen Herausforderungen, die es im Vorfeld von Olympischen Spielen zu bewältigen gilt. "Wir werden etwa 25 Ärzte zu den Sommerspielen nach Rio entsenden, die sich um insgesamt circa 450 Athleten in 28 Sportarten kümmern werden", sagte Professor Dr. Bernd Wolfarth. "Die Vorbereitung auf so ein außergewöhnliches Ereignis beginnt etwa neun Monate vor den Spielen." Dazu gehören auch die Zusammenstellung einer eigenen Apotheke und die Mitnahme von diversen Geräten für die Physiotherapie.

Bei einem Vorbereitungsseminar im April wird sich das gesamte medizinische Team kennenlernen und auch über Impfungen und die Zeitumstellung in Südamerika sprechen. "Eine spezielle, von den allgemeinen Empfehlungen abweichende Impfempfehlung haben wir für Rio nicht vorgesehen, aber das in den Medien viel zitierte Zika-Virus ist natürlich ein Thema für uns", sagte Professor Dr. Bernd Wolfarth. Für alle Athleten wird es eine Broschüre geben, die über richtige Kleidung und Insektenschutz informiert. "Auch die noch schlechte Wasserqualität in der Bucht vor Rio, wo die Ruder- und Segelwettbewerbe stattfinden, haben wir im Blick."

Die Ärzte der Olympiamannschaft werden von den einzelnen Sportverbänden vorgeschlagen und ausschließlich vom DOSB nominiert. Bei den letzten Sommerspielen 2012 in London setzte sich das medizinische Team aus dreizehn Orthopäden, vier Internisten, fünf Allgemeinmedizinern und einem Dermatologen zusammen. Außerdem reisten 35 Physiotherapeuten und acht Sportpsychologen mit auf die Insel. "In etwa so wird auch das Team für Rio de Janeiro aussehen", sagte Wohlfarth. Der finanzielle Aspekt spielt dabei übrigens kaum eine Rolle. "Die Teammitglieder erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung von 70 Euro am Tag. Zu den Vorbereitungen der Spiele gehört es daher auch, mit den Arbeitgebern über Freistellungen zu sprechen", erklärt Wolfarth weiter. Selbstständige Kollegen mit eigenen Praxen setzen natürlich auch auf die Werbewirksamkeit ihrer Tätigkeit im Olympiateam.

Poliklinik im Olympischen Dorf mit 24 Stunden-Betrieb
Vor Ort wird vom Veranstalter eine Polyklinik im Olympischen Dorf vorgehalten. "Neben einer Notaufnahme gibt es dort zahlreiche Fachambulanzen inklusive einer kleinen Zahnklinik. Daneben können wir auf ein komplettes Labor, Röntgengeräte, einen Computertomographen und zwei Magnetresonanztomographen zugreifen - alles im 24 Stunden Betrieb", sagte Professor Dr. Bernd Wolfarth, der schon bei sechs Olympischen Spielen im Einsatz war und die medizinischen Rahmenbedingungen bei Olympia als hervorragend bezeichnete. Die Behandlung für Sportler und Betreuer ist kostenlos.

Gleich zu Beginn der Spiele sei man oft auch als Psychologe gefragt. "Wenn die Medaillen an den ersten Tagen ausbleiben, steigt der mediale Druck immens an. Dann ist man umso mehr eine Vertrauensperson der Athleten", sagte Professor Dr. Bernd Wolfahrt. Während der Spiele in London habe es insgesamt 478 Konsultationen gegeben, davon etwa 40 Prozent wegen orthopädischer Beschwerden und 30 Prozent aufgrund von Infekten.

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