Der scharfe Blick in die Adern

Universitätsklinikum Minden investiert 1,2 Millionen Euro in modernste Medizintechnik

Mehrere Fäden durchziehen einen dreidimensionalen Raum. Die blau eingefärbte Auswölbung ist ein lebensgefährliches Aneurysma. Die Aufnahme wurde am Universitätsklinikum Minden bei einem der ersten Patienten, der mit der neuen Zwei-Ebenen-Angiografie-Anlage behandelt wurde, gemacht. Das Aneurysma konnte entfernt werden. Dem Patienten geht es wieder gut.

Mehrere Fäden durchziehen einen dreidimensionalen Raum. Klar und deutlich ist eine Auswölbung an einem Faden zu erkennen. Was aussieht wie eine Fleißaufgabe für einen Strickkurs, ist in Wirklichkeit die Darstellung einer Arterie im Kopf. Die kleine Beule ist ein gefährliches Aneurysma. Platzt die hauchdünne Wand des Aneurysmas, bevor es entfernt wurde, ist der Patient in akuter Lebensgefahr.

Das Bild stammt aus der neuen Zwei-Ebenen-Angiografie-Anlage des Universitätsklinikums Minden und es bringt die Radiologen des Universitätsinstituts für Diagnostische Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin in Verzückung. "Die Darstellung ist glasklar. Wir können jede Einzelheit sehen und uns ein genaues Bild von den Gefäßen machen. Wir bieten damit unseren Patientinnen und Patienten eine Gesundheitsversorgung auf allerhöchstem Universitätsniveau", sagt Professor Dr. Wolf-Dieter Reinbold, Direktor der Konzernradiologie.
Herkömmliche Angio-Anlagen können lediglich eine Ebene darstellen. Ein Blick in die Tiefe ist nicht möglich. Anders bei der neuen 1,2 Millionen Euro teuren Zwei-Ebenen-Angiografie-Anlage. Hierbei wird der eindimensionale Blick durch eine zweite Ebene ergänzt. Faktisch können die Mediziner am Universitätsklinikum Minden dadurch nahezu dreidimensionale Bilder am Computer errechnen. Bislang ist diese Technik in Ostwestfalen einzigartig. "Wir können damit jede Arterie und jedes Gefäß im Körper ansehen und mit einem Katheter erreichen. Wenn es nötig ist, kommen wir fast bis zur Haarwurzel", erklärt Professor Dr. Wolf-Dieter Reinbold.

Insbesondere bei der interventionellen Radiologie sind Mediziner auf genaue und möglichst klare Bilder der Arterien angewiesen. Gefäßinterventionen sind Verfahren, die operative Behandlungen ergänzen oder sogar ersetzen können. Dazu zählen gefäßerweiternde und -verschließende Maßnahmen, die Beseitigung von Blutgerinnseln und die Behandlung von Tumoren über versorgende Gefäße. Diese Gefäßschädigungen können prinzipiell überall im Körper auftreten: in den großen Schlagadern, im Gehirn, in den Becken- und Bein-Arterien, in Organen oder im Rückenmark. Der interventionelle Radiologe kann diese Gefäße über einen Zugang - zumeist in einer Beckenarterie - durch einen Katheter erreichen und behandeln. "Ob und wie interventionell behandelt wird, entscheiden wir im Team von verschiedenen Fachärzten. So stellen wir sicher, dass immer die für den Patienten beste Behandlung gewählt wird", erklärt Professor Dr. Reinbold.

Die moderne Angiografie-Anlage vergrößert das Behandlungsspektrum des Universitätsklinikums Minden. "Wir können durch die besseren Bilder nun Gefäßverletzungen und Gefäßmissbildungen behandeln, die wir früher nicht behandeln konnten - und das bei größerer Sicherheit für den Patienten", sagt Professor Dr. Wolf-Dieter Reinbold. Auch könne man während der Untersuchung die Aufnahmeebenen ohne Schwenken der Röntgenröhre wechseln, um so - wenn notwendig - aus einer anderen Richtung auf die Gefäße zu schauen oder sogar beide Ebenen simultan zu betrachten.

Neben dem Zusatznutzen durch die besseren Bilder gibt es einen weiteren zentralen Vorteil gegenüber herkömmlichen Anlagen: Das neue Gerät arbeitet deutlich strahlungsärmer. Dieser Vorteil kommt sowohl den Patientinnen und Patienten als auch den Mitarbeitern zugute.

Nicht nur die Radiologen freuen sich über die in OWL bislang einzigartige Angiografie-Anlage. Auch alle chirurgischen Fächer sowie die Onkologie profitieren enorm von den neuen Möglichkeiten. "Bei schweren Verletzungen, bei denen nicht klar ist, ob Gefäße in Mitleidenschaft gezogen wurden, hilft die Angiografie. Hier sieht der Chirurg, welche Arterien unter Umständen verletzt oder eingeklemmt wurden", erläutert der Universitätsprofessor. Die Onkologen können mit der Angiografie-Anlage in die Struktur von Tumoren schauen und so die Wirkung bestimmter Therapieformen genauer beobachten. Bei Bedarf können auch Chemotherapien direkt ins Tumorgewebe injiziert werden. "Die neue Anlage bietet für eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten unterschiedlicher Fachbereiche eine zusätzliche Diagnose- und Therapiechance. Unsere Patienten profitieren von hochmoderner Technik, die bislang in OWL nur das Universitätsklinikum Minden bieten kann", sagt Professor Dr. Wolf-Dieter Reinbold.

Die Neuanschaffung der Angiografie-Anlage ist Teil eines konzernweiten Radiologie-Konzeptes. Schon vor zwei Jahren wurde ein hochmodernes Mammografiegerät am Johannes Wesling Klinikum installiert. Neben der Angiografie-Anlage wird in diesem Jahr noch ein neues PET-CT (Investitionssumme 1,9 Millionen Euro) im Johannes Wesling Klinikum angeschafft. Ein PET-CT kombiniert zwei bildgebende Untersuchungsverfahren. PET-CTs sind insbesondere bei der Bestimmung von unterschiedlichen bösartigen Tumorerkrankungen notwendig.

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