Hilfe für ein schwaches Herz

Universitätsklinikum Minden wird Zentrum für Herzinsuffizienz

Dr. Sven Kaese (links) und Prof. Marcus Wiemer sind stolz auf die Zertifizierung zur Schwerpunktklinik für Herzinsuffizienz am Johannes Wesling Klinikum. Foto: Sven Olaf Stange/MKK

Max Müller ist mit Mitte 50 eher der sportliche Typ. Die zwei Treppen zu seiner Wohnung nimmt er normalerweise mit Leichtigkeit. Seit Kurzem jedoch fühlen sich die wenigen Meter für ihn an wie eine Bergtour, und ihm geht schon bei leichten Anstrengungen die Luft aus. Diese Warnsignale seines Körpers sollte Max Müller ernst nehmen. Ein möglicher Grund dafür: Herzinsuffizienz. 

So wie dem – fiktiven – Patienten Max Müller ergeht es vielen Menschen in Deutschland. Die Herzinsuffizienz oder Herzschwäche ist eine Erkrankung, die in der gesamten westlichen Welt weit verbreitet ist. Zugleich wird sie in ihren Folgen immer noch unterschätzt, weiß Professor Dr. Marcus Wiemer, Direktor der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Minden. „Die Wahrscheinlichkeit, an einer Herzschwäche zu sterben, ist sehr viel höher als bei den meisten Krebserkrankungen.“ Eine frühzeitige Diagnose und die richtige Therapie können lebensrettend sein.

Die Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin ist jetzt von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) als Schwerpunktklinik für Herzinsuffizienz zertifiziert worden. In ganz Deutschland gibt es bisher nur 58 solcher HFU-Schwerpunktkliniken (HFU: „Heart Failure Unit“), die qualitätsgesicherte Versorgungsstrukturen für Patient*innen mit einer Herzschwäche vorhalten. Nun gehört auch das Johannes Wesling Klinikum in Minden dazu.

Bei einer Herzinsuffizienz reicht die Pumpleistung des Herzens nicht aus, um den Körper über den Blutkreislauf mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Typische Symptome sind Atemnot und Erschöpfung, aber auch Wassereinlagerungen. „Wenn das Herz schwach ist, sind auch andere Organe mit betroffen“, erläutert Professor Dr. Wiemer: Niere, Lunge, Leber. Die Ursachen einer Herzschwäche sind vielfältig. Verengungen der Herzkranzgefäße kommen infrage, aber auch Herzklappenfehler, Infarkte, Entzündungen des Herzmuskels oder auch Bluthochdruck.

Wenn sich die Herzfunktion massiv verschlechtert – ob in einem schleichenden Prozess oder ganz plötzlich, zum Beispiel nach Entzündungen oder Infekten – wird es lebensbedrohlich. „Wir behandeln Patientinnen und Patienten häufig in einer solchen Akutphase“, so Professor Dr. Wiemer. Ziel ist es, den Patienten nach der Akuttherapie über einen festgelegten Therapiepfad in die ambulante Behandlung weiterzuleiten. Nach der Notfallbehandlung (in Notaufnahme und Intensivstation) werden die Patientin oder der Patient auf der Normalstation stabilisiert, vom Pflegepersonal im Umgang mit der Erkrankung im Alltag geschult und anschließend in die ambulante Versorgung beziehungsweise Reha-Maßnahme entlassen.

Maßgeblich vorbereitet und begleitet hat den mehr als ein Jahr dauernden Zertifizierungsprozess der Leitende Oberarzt am Krankenhaus Rahden Dr. Sven Kaese. Die Kriterien, die zu erfüllen waren, reichen von der erforderlichen technischen Infrastruktur bis zum speziell ausgebildeten Personal. So verfügen an der Klinik für Kardiologie neben Professor Dr. Wiemer und Dr. Kaese noch zwei weitere Oberärzte über die Zusatzqualifikation Herzinsuffizienz. Auch in der Pflege konnten mit der Spezialpflegeausbildung Herzinsuffizienz zusätzliche Kompetenzen verankert werden, um Patientinnen und Patienten bestmöglich beraten und betreuen zu können.

Technisch ist das Johannes Wesling Klinikum mit zwei Herzkatheterlaboren, die rund um die Uhr einsatzfähig sind, sowie einer Intensivstation mit Beatmungsmöglichkeiten und mit Herz-Kreislauf-Unterstützungsmöglichkeiten ebenfalls optimal aufgestellt. Sie bietet umfassende Untersuchungs- und Therapiemöglichkeiten für das gesamte Gebiet der Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, von der minimalinvasiven Herzklappen-OP bis hin zur Telemedizin, die mittels elektronischer Übermittlung von Herzfrequenz-Daten ganz neue Möglichkeiten der ambulanten Nachsorge bietet. Hier nimmt die Klinik sogar eine Vorreiterrolle in der Forschung ein: „Wir haben bereits mehrere wissenschaftliche Studien durchgeführt, wie valide Daten sind, die mit einer Smart Watch erhoben werden und wollen das weiter optimieren“, sagt Dr. Kaese.

„Wir freuen uns sehr über die Bestätigung unserer Arbeit durch die Zertifizierung“, betont Professor Dr. Wiemer. Diese sei jedoch kein Selbstzweck: „Entscheidend ist, dass die Patienten profitieren.“ Die externen Gutachter haben überprüft und festgestellt, dass Diagnostik und Therapie an der Klinik nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und im Rahmen standardisierter Abläufe erfolgen. „Darüber hinaus hat der gesamte Zertifizierungsprozess aber auch ein hohes Maß an Selbstkontrolle mit sich gebracht und dazu geführt, dass wir weitere Verbesserungen erreichen konnten“, führt Dr. Kaese weiter aus. Dazu zähle beispielsweise die Einführung eines Patiententagebuches.

Auch die enge Zusammenarbeit mit dem Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ) in Bad Oeynhausen sei ein großes Plus für die Patientinnen und Patienten beider Kliniken“, so Professor Dr. Wiemer. „Wir haben hier am Johannes Wesling Klinikum alle Fachrichtungen unter einem Dach und können das gesamte Spektrum der Inneren Medizin abdecken. Das ist deshalb so wichtig, weil sich eine Herzinsuffizienz auch auf andere Organe auswirkt. Aber wir führen hier keine Herztransplantationen durch – dafür ist das HDZ mit seiner Expertise dann der ideale Kooperationspartner“, ergänzt er.

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