Ein bedeutender Erfolg für die Forschung und Medizin in Minden: Unter Beteiligung des Ösophaguskarzinomzentrums Minden ist eine wissenschaftliche Arbeit in der renommierten und wichtigsten Fachzeitschrift für klinische Medizin, dem „New England Journal of Medicine“, veröffentlicht worden. Die von den großen Speiseröhrenkrebszentren in Deutschland durchgeführte Studie untersuchte die optimale Vorbehandlung bei Speiseröhrenkrebs im Zusammenhang mit einer Operation und kommt zu einem klaren Ergebnis: Eine Chemotherapie vor und nach der Operation führt zu den besten Behandlungserfolgen. Eine Erkenntnis, die weltweit für Beachtung sorgt und die Therapie bei Speiseröhrenkrebs maßgeblich verändern wird.
Das „New England Journal of Medicine“ zählt zu den weltweit angesehensten medizinischen Fachzeitschriften. Eine Veröffentlichung dort gilt als Gütesiegel für exzellente Forschung mit hoher klinischer Relevanz. Nur Studien mit herausragender wissenschaftlicher Qualität und weitreichender Bedeutung für die Patientenversorgung werden dort veröffentlicht. Professor Dr. Berthold Gerdes, Direktor der Klinik für Allgemeinchirurgie am Uni-Klinikum Minden und stellvertretender Leiter des Cancer Centers Minden, vertritt als Co-Autor das Mindener Ösophaguskarzinomzentrum. Für den Mindener Mediziner ist die Veröffentlichung in der Fachzeitschrift eine Teamleistung: „Es ist ein Erfolg des Cancer Centers Minden mit dem Speiseröhrenkrebszentrum. Die in der Studie beantwortete Frage verändert international das medizinische Vorgehen beim Speiseröhrenkrebs“, betont der Klinikdirektor und Leiter des Speiseröhrenkrebszentrums.
„Wir haben quasi den Oscar der Medizin erhalten, das macht uns natürlich sehr stolz und diese Auszeichnung bestätigt uns darin, dass wir hier am Universitätsklinikum Minden wirklich Spitzenmedizin leisten – die weltweite Beachtung findet“, sagt Professor Dr. Ulrich Fetzner, Koordinator des Speiseröhrenkrebszentrums Minden.
Die Studie, die in Zusammenarbeit mit mehreren deutschen Speiseröhrenkrebszentren durchgeführt wurde, liefert wichtige Erkenntnisse für die Therapie von Speiseröhrenkrebs. „Bisher war nicht klar, welche Vorbehandlung vor der Operation eines Speiseröhrenkrebses am wirksamsten ist. Es galt herauszufinden, ob beispielsweise eine Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie das beste Behandlungsergebnis erzielt – oder nur die Chemotherapie. Das Ergebnis zeigt, dass die Chemotherapie mit dem sogenannten FLOT-Schema aktuell eindeutig die besten Behandlungsergebnisse liefert“, erklärt Dr. Kai Wille, Leitender Oberarzt an der Universitätsklinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Palliativmedizin am Uni-Klinikum Minden.
„Die Medizin entwickelt sich stetig weiter. Vor 30 Jahren war bei Speiseröhrenkrebs die alleinige Operation das Mittel der Wahl – heute wissen wir, wie wichtig Vor- und Nachbehandlungen bei den meisten Patienten sind. Mit den Erkenntnissen aus der aktuellen Studie haben deutsche Mediziner einen internationalen Standard gesetzt“, so Wille.
Das Speiseröhrenkrebszentrum Minden gehört zu den leistungsstärksten Speiseröhrenkrebszentren in Deutschland – in Nordrhein-Westfalen ist es das drittgrößte Zentrum. Jährlich werden hier etwa 80 Patientinnen und Patienten mit Speiseröhrenkrebs behandelt, und gut 50 dieser Patienten können mit kurativem Ziel operiert werden. Speiseröhrenkrebs ist in Deutschland eine seltene Tumorerkrankung. Pro Jahr erkranken etwa 6000 Männer und 1800 Frauen daran. Das entspricht einem Anteil von drei Prozent aller bösartigen Tumorerkrankungen bei Männern und etwa einem Prozent bei Frauen. Speiseröhrenkrebs zählt zu den besonders aggressiven Tumorerkrankungen – aufgrund unspezifischer Symptome wird die Diagnose häufig erst in fortgeschrittenen Stadien gestellt. „In den vergangenen Jahren konnten die Heilungschancen jedoch durch verbesserte Behandlungskonzepte erheblich verbessert werden“, erläutert Professor Dr. Ulrich Fetzner. Besonders die Kombination aus Chemotherapie und Operation hat sich als wirksam erwiesen, wie auch die aktuelle Studie bestätigt.
Für den Chirurgen Professor Dr. Berthold Gerdes ist es wichtig herauszustellen, wie bedeutend die Zusammenarbeit von Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Bereichen ist: „Ein entscheidender Fortschritt in der modernen Krebstherapie der vergangenen Jahrzehnte ist die interdisziplinäre Behandlung. Experten aus verschiedenen Fachrichtungen arbeiten eng zusammen, um für jeden Patienten die individuell beste Therapie zu entwickeln.“
Vor allem die Tumorkonferenzen seien enorm wichtig, so Gerdes. Innerhalb des Cancer Centers Minden finden wöchentlich verschiedene interdisziplinäre Tumorkonferenzen statt. Bei der Empfehlung werden individuelle Parameter wie das Tumorstadium, der Ernährungs- und Allgemeinzustand, das biologische Alter des Patienten und die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. Die ausgesprochenen Behandlungsempfehlungen werden mit den Patienten besprochen.
„Unser Ansporn ist es, uns stetig weiterzuentwickeln, damit unsere Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung erhalten“, fasst Dr. Kai Wille zusammen.
Zum Cancer Center Minden gehören die Organ-Krebszentren der Mühlenkreiskliniken: Das gynäkologische Krebszentrum Minden, das Brustkrebszentrum Minden, das HautTumorCentrum Minden, das Neuroonkologische Zentrum Minden, das Lungenkrebszentrum Minden, das Kopf- Hals Zentrum Minden, das Urologische Krebszentrum sowie das Viszeralonkologische Zentrum Minden mit dem Pankreaszentrum Minden, dem Speiseröhrenzentrum Minden, dem Magenkrebszentrum Minden und dem Darmkrebszentrum Minden. Die Organzentren sind zum großen Teil durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziert oder befinden sich aktuell im Zertifizierungsprozess. „Die Anforderungen für eine Zertifizierung durch die Deutsche Krebsgesellschaft sind herausfordernd und werden in den Mindener Tumorzentren erfüllt“, sagt der stellvertretende Leiter des Cancer Centers Minden Professor Dr. Berthold Gerdes. Um die bestmögliche Behandlung zu erhalten, sollten sich Patientinnen und Patienten an große Krebs-Zentren wenden, fügt Professor Dr. Ulrich Fetzner hinzu, „denn die Zentren verfügen über eine interdisziplinäre Expertise, modernste Therapien, eine sehr hohe Behandlungsqualität, ganzheitliche Betreuung und zertifizierte Standards.“