„Wir haben viel geschafft“

Nach 29 Jahren am Krankenhaus Lübbecke geht Dr. Johannes Polith in den Ruhestand

Geschäftsführerin Tanja Nestler, Professor Dr. Hansjürgen Piechota, der Ärztliche Direktor Dr. Uwe Werner, Dr. Johannes Polith und Pflegedirektorin Urte Abbate.

Zufriedener kann der Rückblick auf ein langes Berufsleben kaum ausfallen. Ein bisschen wehmütig aber auch: Am 22. Dezember ist für Dr. Johannes Polith, Leitender Arzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und operative Uro-Onkologie, der letzte Arbeitstag im Krankenhaus Lübbecke gekommen.

„Ich habe gern gearbeitet“, sagt der 64-jährige gebürtige Niedersachse, der an der Virchowstraße vor 29 Jahren seine berufliche Heimat gefunden hat. „Die Arbeit mit Patienten, die Kolleginnen und Kollegen, das gute Klima unter den Mitarbeitern, das Operieren – all das werde ich vermissen.“ Wenn er nun in den Ruhestand geht, wird es ein stiller Abschied werden. Mitten in der Corona-Krise und im zweiten Lockdown muss eine Feier im Kreise der Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausfallen.

Es wäre ein schöner Schlussstrich unter ein Kapitel gewesen, an dem der Mediziner mit großer Leidenschaft geschrieben hat. Etwas anderes als Arzt zu werden, habe er sich niemals vorstellen können, sagt Dr. Johannes Polith. Was sein Fachgebiet, die Urologie, angeht, war es eher Liebe auf den zweiten Blick. „Ursprünglich wollte ich mich in Gynäkologie spezialisieren“, erzählt Dr. Polith, dessen Mutter Hebamme war.

In Detmold, wo er nach dem Studium in Marburg sein praktisches Jahr absolvierte, entschied er sich jedoch anders und ließ sich zum Facharzt für Urologie ausbilden. Dieses „Umschwenken“ hat er nicht bereut: „Die Urologie ist eine sehr moderne Richtung in der Medizin, die den minimal-invasiven Ansatz mit als erste entwickelt hat. Hier ist beides vereint – genaue Diagnostik und Therapie in einer Hand: Ich stelle selbst fest, woran der Patient leidet, überlege, was ihm in seiner Lage wirklich hilft, und kann das dann auch selbst umsetzen.“

In Detmold lernte Dr. Polith außerdem seinen Mentor Dr. Horst Dettmar kennen. Als dieser in Lübbecke die Chefarztstelle antrat, holte er Dr. Polith wenig später als Oberarzt in seine Abteilung. Das war am 1. November 1991. „An die erste Zeit in Lübbecke erinnere ich mich noch genau. Das war schon eine große Nummer.“ Die Renovierung eines alten Hauses, dann der Umzug mit Ehefrau Edeltraud und zwei schulpflichtigen Kindern und dazu die neue Aufgabe als Oberarzt: „Plötzlich musste man alles entscheiden, alles können, alles verstehen – das war eine Herausforderung, aber es hat Spaß gemacht.“

2011 trat Dr. Polith schließlich die Nachfolge von Dr. Dettmar als Chefarzt der Urologie am Krankenhaus Lübbecke an. Das bedeutete wieder neue Aufgaben, neue Herausforderungen. Aber „wir sind ein Team hier, da ist die Arbeit am Patienten die wichtigste Aufgabe.“ Und das wirkt sich mitunter bis in den ganz privaten Bereich aus: „Wenn man quer über die Kreuzung zugerufen bekommt ‚He, Dr. Polith!‘ oder wenn einem beim Marktkauf jemand zeigen möchte, wie gut doch die OP-Narbe geworden ist – da weiß man, dass man angekommen ist“, berichtet der Mediziner schmunzelnd.

Ein wichtiger Leitsatz war von Anfang an: „Urologie muss nicht wehtun!“ Unangenehmen Untersuchungen kann man so den Schrecken nehmen. Beruflich sei es stets sein Ziel gewesen, die Urologie in Lübbecke voranzubringen, OP-Techniken zu verfeinern und auf den neuesten Stand zu bringen. Darin wurde er auch schon von seinem Vorgänger unterstützt. Vor allem die minimalinvasive laparoskopische Chirurgie sei ein Meilenstein gewesen, weil dadurch große OPs ohne große Wunden durchgeführt werden konnten. Mit dem Erwerb der Zusatzbezeichnung „Medikamentöse Tumortherapie“ legte Dr. Polith darüber hinaus den Grundstein für eine weitere Verbesserung für die Patienten. Damit konnten in der Lübbecker Urologie Chemotherapien nun auch stationär und ambulant durchgeführt werden.

„Wir haben ganz viel verändert und geschafft,“ stellt der erfahrene Arzt, der sich die Leitung der Urologie seit 2018 im Dreierteam mit Dr. Peter Kläs und Dr. Stephan Leibelt geteilt hatte, rückblickend fest. „Wenn ich heute bedenke, wie ich einmal angefangen habe. Das ist gar nicht mehr wiederzuerkennen. Wir haben heute eine gute, sehr leistungsfähige Struktur. Die Technik hat sich stetig verbessert, dafür ist aber auch die Zahl der Patienten gewaltig gestiegen. Früher waren viele Eingriffe mit langen Liegezeiten und viel größeren Blutverlusten verbunden.“ Wichtig sei ihm bei aller Geschwindigkeit der geduldige wertschätzende Umgang mit seinen Patienten geblieben. „Wer helfen will, muss erst einmal genau zuhören“, gibt er seinen Kollegen mit auf den Weg.

Wenn der nächste große Schritt in „seiner“ Klinik getan wird, wird Dr. Johannes Polith bereits im Ruhestand sein: Das in Lübbecke beheimatete Zentrum für roboterassistierte Chirurgie wird von seinem Nachfolger, Professor Dr. Hansjürgen Piechota, aufgebaut. „Schon vor Jahren unter Dr. Dettmar war die Einführung der robotischen OP-Technik ein Projekt, das wir in Zusammenarbeit mit Minden verfolgt haben. Wenn ich jetzt noch einige Jahre hier gewesen wäre, hätte mich das sehr interessiert. Die roboterassistierte Chirurgie ist ja eigentlich eine weiterentwickelte Laparoskopie – eine klasse Sache.“

Neben der Leitung des Zentrums für roboterassistierte Chirurgie wird Professor Dr. Hansjürgen Piechota im kommenden Jahr auch die Leitung der Klinik für Urologie, Kinderurologie und operative Uro-Onkologie am Krankenhaus Lübbecke übernehmen. Damit werden die urologischen Kliniken in Minden und Lübbecke unter seiner Leitung zusammengeführt – eine Lösung, mit der Dr. Johannes Polith sehr einverstanden ist. „Ich kann mir keinen Besseren als ihn vorstellen“, lobt er seinen „Wunschnachfolger“: „Es war schon in der Vergangenheit immer ein reibungsloses Arbeiten mit ihm, und dass Lübbecke seine Eigenständigkeit behalten wird, finde ich auch gut, denn mein Mitstreiter Herr Dr. Kläs wird hier in Lübbecke in Leitungsfunktion bleiben. Wir haben uns in Lübbecke einen guten Ruf aufgebaut: Die Patienten kommen gern hierher. Diesen Ruf wollen wir uns erhalten und das ist in dieser Konstellation möglich.“

Die Verantwortung dafür wird er nun aber abgeben. Langweilig wird es ihm trotzdem nicht werden, ist sich Dr. Polith sicher: „Im Haus und im Garten ist einiges zu tun. Damit bin ich ein Jahr beschäftigt“, kündigt er lachend an. Für seine Hobbys bleibt dann auch mehr Zeit: fotografieren, Musik machen, Fahrrad fahren – und Zeit für die Enkel.

Aber ganz den weißen Kittel an den Nagel hängen, will er auch noch nicht. Zwei Tage in der Woche wird er im Corona-Impfzentrum in Unterlübbe als Arzt tätig sein – und damit aufs Neue Verantwortung übernehmen. Im täglichen Miteinander während der Corona-Pandemie erwartet er das auch von anderen, wie er an einem Vergleich deutlich macht: „Wissen Sie, ich könnte mit dem Auto auch durch die Ortschaft rasen – aber warum fahre ich langsam: ich nehme Rücksicht auf Fußgänger, Fahrradfahrer, Kinder und andere. Ich tue das nicht für mich, sondern für andere. Wenn wir in Sachen Corona auf die anderen Rücksicht nehmen, haben wir kein Problem.“

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