Vom Footballspieler zum Mannschaftsarzt

Mindener Oberarzt Ulrich Grünwald betreut deutsche Nationalteams im American Football

Foto01: Ulrich Grünwald, Oberarzt in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Mindener Johannes Wesling Klinikum, ist ehrenamtlicher Mannschaftsarzt der deutschen Junioren- und Seniorennationalmannschaft im American Football.

Vor mehr als 30 Jahren hielt Oberarzt Ulrich Grünwald zum ersten Mal einen Football in der Hand. Als Austauschschüler in Amerika entdeckte er damals seine Leidenschaft für die Sportart American Football. Bis heute hat er sie nicht verloren. Wer sein Büro in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Mindener Johannes Wesling Klinikum betritt, erkennt das auf den ersten Blick: Ein Trikot an der Wand, ein Football auf dem Schreibtisch und jede Menge Mannschaftsfotos sind im Raum verteilt zu sehen. Von 1983 bis 2000 war Ulrich Grünwald bei verschiedenen Vereinen als Footballspieler aktiv. Seinen Platz auf dem Spielfeld hat er mittlerweile gegen eine Position hinter den Kulissen getauscht: Seit siebzehn Jahren ist er Mannschaftsarzt der deutschen Juniorennationalmannschaft im American Football und der NRW-Juniorenauswahl. "Statt meiner Muskelkraft setze ich heute mein Fachwissen als Arzt ein", scherzt der Mindener Mediziner. "Durch meine langjährige Erfahrung als Spieler weiß ich über die Verletzungen, die der Kontaktsport mit sich bringen kann, Bescheid. Als Unfallchirurg im Mindener Uniklinikum kenne ich mich mit der Behandlung genau dieser Verletzungen aus. Nach meinem sportlichen Karriereende lag es für mich damit auf der Hand, dass ich mich als Arzt engagiere. Und so kam es, dass ich 2013 offizieller Verbandsarzt des Deutschen American Football Verbandes (AFVD) geworden bin, nachdem ich siebzehn Jahre lang Mannschaftsarzt der deutschen Juniorennationalmannschaft und Verbandsarzt der NRW-Auswahlmannschaft war", schildert Grünwald seinen Werdegang.    

Als Verbandsarzt begleitet er die Junioren- und Seniorennationalmannschaft zu wichtigen Turnieren. Zuletzt war er im Juli bei der Junioren-Europameisterschaft in Paris und den World Games in Breslau im Einsatz. Da die Betreuung der beiden jeweils mehr als 60 Mann starken Teams alleine nicht zu schaffen ist, wird Grünwald bei seiner Arbeit von drei Physiotherapeuten, einem Athletiktrainer und einer Heilpraktikerin unterstützt. "Unser Ziel ist es, die Mannschaften mit vereinten Kräften spielfähig zu halten. Teamarbeit ist dabei wichtig, um die Spieler optimal versorgen zu können", betont Grünwald. Neben der ärztlichen Behandlung, die meist Verletzungen von Muskeln, Sehnen, Bändern oder der Haut betrifft, stehen vor allem osteopathische Behandlungen und Physiotherapie auf dem Plan. "Wir betreuen die Spieler in der Trainingsphase sowie vor, während und nach Spielen. Meist sind wir morgens die ersten, die aufstehen und abends die letzten, die ins Bett gehen", so Grünwald. Mit Zahlen macht er das straffe Programm deutlich: "Während der EM und den World Games waren wir in zwei Wochen insgesamt 421 Mal im Einsatz, um die Spieler ärztlich oder physiotherapeutisch zu behandeln. Dabei wurden unter anderem 372 Rollen Tape und 38 Rollen Kinesio-Tape verbraucht." Während er über die viele Arbeit berichtet, die das Ehrenamt mit sich bringt, hat Ulrich Grünwald ein Lächeln auf dem Gesicht. "Auch wenn die Zeit anstrengend ist, macht es immer wieder sehr viel Spaß. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft und ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Einsatz."

Etwa drei Wochen ist Ulrich Grünwald jedes Jahr mit den deutschen Footballteams unterwegs. Den Rest des Jahres geht er seiner zweiten Leidenschaft nach und arbeitet als Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie im Johannes Wesling Klinikum Minden. Seine Erfahrungen als Sportmediziner und Mannschaftsarzt kommen dort seinen heimischen Patienten zugute. "In der Unfallchirurgie sehe ich viele Verletzungen, die mir schon auf dem Spielfeld begegnet sind. Insbesondere bei Sportverletzungen kann ich gut auf meine Erfahrung als Mannschaftsarzt zurückgreifen. So haben auch meine Mindener Patienten etwas von meinem Ehrenamt und Hobby", sagt Grünwald.

Für die Betreuung der Nationalmannschaften nimmt sich Ulrich Grünwald jedes Jahr Urlaub. "Alle im Betreuerteam arbeiten in ihrer Freizeit ehrenamtlich und tragen die Kosten für die An- und Abreise. Mit mittlerweile etwa 57.000 Verbandsmitgliedern wird die Sportart zwar immer beliebter, eine Sportförderung gibt es jedoch nicht", so Grünwald. Mit der Beliebtheit des Sports in Deutschland scheint auch der Erfolg der Nationalmannschaften zu steigen. Bei der diesjährigen Junioren-Europameisterschaft konnte sich das deutsche Team den dritten Platz sichern. Bei den fünf Tage später stattfindenden World Games haben es die Senioren bis ins Finale geschafft und im Halbfinale für eine Sensation gesorgt. "Als erste europäische Mannschaft haben wir gegen die als haushoher Favorit gehandelten USA gewonnen", sagt Grünwald stolz. Im Finale gegen die Franzosen hat es dann jedoch leider nicht für den Sieg gereicht. "Mit etwas Pech sind wir nur Zweiter geworden. Der Quarterback des Teams hat sich im Halbfinalspiel eine schwere Knieverletzung zugezogen. Nach genauer ärztlicher Untersuchung konnte ich ihn leider nicht aufs Spielfeld zurückschicken. Im Finale haben damit ein wichtiger Spieler und etwas Glück gefehlt", so Grünwald. Zurück in seinem Mindener Büro freut sich Ulrich Grünwald bereits auf den nächsten Einsatz im kommenden Jahr. Im Sommer 2018 findet die Senioren-Europameisterschaft im American Football auf heimischem Boden in Frankfurt statt. "Als amtierender Europameister wollen wir dann unseren Titel verteidigen", so Grünwald.

Neben seinem Ehrenamt als Mannschaftsarzt der deutschen Nationalteams im American Football ist Ulrich Grünwald seit Anfang 2017 Mitglied der Kommission "Medizin und Anti-Doping" des Europäischen Footballverbandes (IFAF). In seinen Funktionen als Mannschaftsarzt und Verbandsarzt hat Ulrich Grünwald in den vergangenen Jahren neun Europameisterschaften, drei Weltmeisterschaften und siebenzehn Jugendländerturniere begleitet.

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