Hilfe für die Pflege zu Hause

Tipps vom Pflege-Profi bei den Mühlenkreiskliniken

1) Pflegeberaterin Martina Riechmann ist selbst ausgebildete Krankenpflegerin. In ihrer Sprechstunde am Krankenhausstandort Lübbecke können Angehörige alle Fragen stellen und sich über weitere Hilfsmöglichkeiten informieren.

Was tun, wenn ein Patient nach dem Krankenhausaufenthalt auf Pflege angewiesen bleibt? In der „Familialen Pflegeberatung“ finden Angehörige einen Ansprechpartner. Ein entsprechendes Angebot gibt es am Krankenhaus Lübbecke-Rahden und am Johannes Wesling Klinikum in Minden.

Manchmal geht alles viel schneller als gedacht. Plötzlich benötigt ein Mensch Pflege. Ein Unfall kann der Auslöser sein. Eine akute Erkrankung. Oder eine unerwartete Verschlechterung des Gesundheitszustands. Dann stehen seine Angehörigen vor der Frage, wie es weitergehen soll. Was ist zu tun? Wer übernimmt die Pflege? Und nicht zuletzt: Wie lässt sich das mit dem eigenen Leben vereinbaren?

Seit 2017 ist das Entlassmanagement gesetzlich für jedes Krankenhaus verpflichtend. Damit soll gewährleistet sein, dass die Patienten nach ihrer Krankenhausentlassung weiterhin optimal medizinisch und pflegerisch versorgt werden. Auf Wunsch des Patienten unterstützt der Sozialdienst etwa bei der Beantragung von Pflegegraden oder Hilfsmitteln, stellt Kontakte zu Pflegediensten her oder berät unter anderem in sozialrechtlichen und finanziellen Fragen. Am Krankenhaus Lübbecke-Rahden und am Johannes Wesling Klinikum geht man noch einen Schritt weiter: Hier beraten professionell Pflegende auf Wunsch Angehörige, wie sie ihre Verwandten selbst pflegerisch versorgen können.

Pflegebedürftigkeit verändert nicht nur das Leben des Patienten, sondern auch das der Menschen, die ihm nahestehen. Die Familie ist Deutschlands größter Pflegedienst: Laut statistischem Bundesamt werden mehr als Dreiviertel der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. Deshalb gibt es am Krankenhaus Lübbecke-Rahden und am Johannes Wesling Klinikum – ergänzend zum Beratungsangebot des Sozialdienstes – die „Familiale Pflegeberatung“. Hier liegt der Fokus auf den pflegenden Angehörigen: Wie können sie mit der neuen Herausforderung umgehen?

In Lübbecke startete die „Familiale Pflegeberatung“ 2016 als Projekt, inzwischen ist daraus ein bleibendes Angebot geworden, das von den Pflegekassen finanziert wird. Denn: „Der Bedarf ist schon jetzt groß und er wird weiter steigen“, ist Urte Abbate, Pflegedirektorin am Krankenhaus Lübbecke-Rahden, überzeugt. Deshalb soll das Angebot in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.

Zurzeit steht die Pflegeberaterin Martina Riechmann zweimal wöchentlich Ratsuchenden als Ansprechpartnerin zur Seite. Die 57-jährige Gesundheits- und Krankenpflegerin ist nicht nur fachlich hoch qualifiziert (Studienabschlüsse in Case Management, Gesundheitsberatung, Gesundheitsmanagement, Pflegeberatung nach § 7a SGB XI, Fachweiterbildung für Stroke Unit). Sie kennt die Situation von pflegenden Angehörigen auch aus eigener Erfahrung, hat jahrelang selbst Familienmitglieder zu Hause gepflegt.

Sie weiß, wie schwer es zum Beispiel ist, Berufstätigkeit und häusliche Pflege zu vereinbaren und welche Belastungen auf die Pflegenden zukommen – in der Mehrzahl (60 Prozent) Frauen. Die Gefahr, sich zu überfordern, ist groß. Umso mehr, da rund ein Drittel aller Pflegenden älter als 65 Jahre ist. „Da ist es ganz wichtig, dass die Angehörigen auf sich achten und dass ihr soziales Umfeld nicht ganz wegbricht“, sagt Martina Riechmann. Nicht selten hätten Pflegende aber ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich einmal Zeit für sich nähmen.

Deshalb lautet eine der wichtigsten Fragen, die sie im Gespräch mit den Angehörigen zu klären versucht: „Wie organisiere ich mein Leben und was kann ich tun, damit ich nicht zu kurz komme?“ Unter Umständen lässt sich die Last der Pflege ja auch auf mehrere Schultern verteilen oder sogar ein häusliches Pflegenetzwerk aufbauen, in das auch Nachbarn oder Freunde einbezogen werden können.

„Lebensweltorientierte Pflegeberatung“ nennt sich das – eine Pflegeberatung, die nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern ganz auf die individuelle Situation der pflegenden Angehörigen zugeschnitten ist. Die ihre jeweiligen Ängste und Sorgen ernst nimmt und versucht, die Angehörigen zu stärken. „Hier können sie alles ansprechen“, betont Martina Riechmann, „auch ihre Unsicherheit, was sie erwartet und ob sie die Pflege überhaupt übernehmen wollen.“ Gemeinsam mit den Angehörigen sucht Martina Riechmann dann nach Lösungsmöglichkeiten.

„Pflegende müssen gut informiert, geschult und beraten sein“, sagt die Expertin. Dazu gehören auch ganz praktische Informationen. Zum Beispiel zur rückenschonenden Pflege. Zur Impfprophylaxe. Oder zum richtigen Umgang mit Medikamenten und Hilfsmitteln, „das fängt mit dem Rollator an und geht bis zur Ernährungssonde“. Martina Riechmann kann hier bei Bedarf bereits am Krankenbett der Patienten beraten und – ein weiteres Plus – wohnortnah. „Die Angehörigen können sich hier informieren, wenn sie ohnehin gerade zu einem Krankenbesuch im Krankenhaus sind. Sie müssen sich die Informationen nicht erst mühsam von anderen Stellen besorgen.“

Bis zu sechs Wochen nach der Entlassung des Patienten kann das Beratungsangebot von den Angehörigen in Anspruch genommen werden. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen. „Probleme tauchen ja nicht immer sofort auf. Sehr oft stellt man erst nach einer Weile fest, dass man noch Fragen hat,“ weiß Martina Riechmann. Dann genügt ein Anruf bei der Pflegeberaterin.

Ihr ist vor allem wichtig, dass pflegende Angehörige die Hilfe und Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. Sozialdienst und „Familiale Pflegeberatung“ im Entlassmanagement sind zwei Seiten einer Medaille: Es geht um die bestmögliche Versorgung des Patienten nach seinem Krankenhausaufenthalt. Dessen Wohlergehen lässt sich nicht vom Wohl der pflegenden Angehörigen trennen.

Newsletter
Klinikfinder