„Ich habe die Krabbe besiegt“

34-jährige Mutter kämpft sich nach der Diagnose Eierstockkrebs ins Leben zurück

Dr. Nico Lübbing, Oberarzt in der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Uni-Klinikum Minden, gemeinsam mit seiner Patientin Linda Menke.

Sie hatte so viele Pläne und Träume – doch plötzlich steht ihr Leben still. Fünf Buchstaben, die alles verändern, alles in Frage stellen: Krebs. Mit 34 Jahren erhält Linda Menke die Diagnose Eierstockkrebs. „Ich habe das nicht glauben können, nicht wahrhaben wollen. Ich dachte nur, ich habe ein Kind, mir darf nichts passieren“, erinnert sich Linda Menke. Die Bad Oeynhauserin muss sich mit Anfang 30 mit der eigenen Endlichkeit beschäftigen, ein schmerzhafter Prozess.

Das vergangene Jahr hat Linda Menke viel abverlangt, sie an ihre physischen und psychischen Grenzen gebracht: „Ich glaube, dass das Leben mir diesen Kampf gestellt hat, weil es wusste, dass ich es schaffen werde.“

Im April 2024 sucht Linda Menke wegen starker Verdauungsbeschwerden ihren Hausarzt auf. Da sie seit Wochen Durchfall hat, wird sofort eine Darmspiegelung durchgeführt. „Mein Arzt meinte nur, dass die Befunde nicht gut aussehen und ich dringend ins Uni-Klinikum nach Minden solle, um es abklären zu lassen“, erinnert sich die Unternehmerin. Nach der CT-Untersuchung im Universitätsklinikum Minden bekommt Linda Menke dann eine Diagnose, mit der sie niemals gerechnet hat: Eierstockkrebs. „Es war natürlich ein großer Schock, ich habe danach erstmal sehr viel geweint“, sagt die Mutter einer siebenjährigen Tochter.

Der Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) gehört zu den aggressivsten Tumoren und ist die zweithäufigste bösartige Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. In Deutschland erhalten jährlich etwa 7.300 Frauen die Diagnose Eierstockkrebs. „Die große Gefahr bei dieser Art von Tumor besteht darin, dass er meist sehr spät entdeckt wird, da lange Zeit zunächst keine Symptome auftreten. Deutliche Beschwerden zeigen sich häufig erst im Spätstadium“, erklärt Dr. Nico Lübbing, Oberarzt in der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Uni-Klinikum Minden.

Das tückische und ernüchternde am Eierstockkrebs: „Es gibt keine sinnvolle Screening-Möglichkeit bei dieser Krebs-Form. Wir haben immer noch keine diagnostischen Möglichkeiten, um den Eierstockkrebs frühzeitig erkennen zu können“, erläutert der Mindener Gynäkologe.

Auch in Linda Menkes Fall ist der Tumor erst durch die akuten Verdauungsbeschwerden entdeckt worden. Ihr behandelnder Arzt erklärt: „Unsere Patientin hatte einen Tumor in der Größe einer Mango in ihrem Körper, er war schon in den Darm eingewachsen, daher kamen auch die starken Schmerzen und Beschwerden.“ Während einer fünfstündigen Operation entfernen Dr. Nico Lübbing und seine Kollegen am Uni-Klinikum Minden den Tumor aus dem Körper der Bad Oeynhausener Patientin. „Unser Ziel ist es immer, den kompletten Tumor zu entfernen. Hier hatten wir auch mehrere Tumor-Zellen an einigen Organen wie der Leber, dem Darm und der Blase. Wir konnten aber erfreulicherweise alles beseitigen“, so der Gynäkologe.

Während des Eingriffs werden auch beide Eierstöcke, Eileiter und die Gebärmutter der Patientin entfernt. „Zum Glück hatte ich sowieso schon mit der Kinderplanung abgeschlossen und daher war ich damit absolut einverstanden“, erzählt Linda Menke. Die Operation verläuft komplikationslos, Schmerzen habe sie kaum gehabt hat. Sie ist einfach nur froh, dass die „Krabbe“, wie sie den Krebs nennt, los ist. „Ich finde das Wort ganz schlimm, auch vor unserer Tochter haben wir das Wort Krebs nie benutzt.“

Linda Menke freut sich nach dem Eingriff vor allem auf den Moment, wenn sie wieder zu ihrem Mann und ihrer Tochter nach Hause kann. Doch es kommt ganz anders: Ihr Körper rebelliert. Sie bekommt eine Thrombose im rechten Bein, die zu einer lebensbedrohlichen Lungenembolie führt. Sechs Wochen muss die junge Frau im Klinikum bleiben, kämpft sich von Tag zu Tag ins Leben zurück. „Ich war natürlich auch mal verzweifelt, habe geweint und mich gefragt, warum mir das alles passieren muss. Aber ich habe es als Herausforderung angenommen und meinen Lebensmut, meine Willenskraft nicht verloren. Dafür liebe ich das Leben und meine Familie viel zu sehr“, schildert die Unternehmerin und Mutter.

Ihr behandelnder Arzt Dr. Nico Lübbing ist beeindruckt von der Stärke seiner Patientin, „sie hat ihr Strahlen in dieser ganzen Zeit nicht verloren. Und sie hatte wirklich mit viel Mist zu kämpfen. Diese positive Art imponiert mir“.

Ihren Arzt nennt Linda Menke ihren „Lebensretter“, „Dr. Lübbing hat mir wirklich das Leben gerettet und ich bin ihm unglaublich dankbar. Ich habe eine enorme Wertschätzung für die Ärzte und das Pflege-Team hier im Uni-Klinikum. Aber auch für die Reinigungskräfte. Alle leisten so wichtige und großartige Arbeit“.

Nachdem Linda Menke die herausfordernden Wochen im Krankenhaus überstanden hat, startet im Juli vergangenen Jahres ihre Chemotherapie. Damit auch wirklich alle – auch die unsichtbaren und unerreichbaren – Tumorzellen zerstört werden. Diese Zeit beschreibt die Eierstockkrebs-Patientin als „Spaziergang“ im Gegensatz zu der Zeit davor, sie habe nur ganz wenige Nebenwirkungen gehabt. „Im Oktober hatte ich meine letzte Chemo und kann jetzt sagen: ‚Ich habe die Krabbe besiegt‘“, sagt die Mutter einer siebenjährigen Tochter selbstbewusst.

Nur ein Moment während der Chemotherapie habe sie emotional sehr aufgewühlt, der Verlust ihrer Haare. Plötzlich ist die Krankheit für alle sichtbar, „das Thema Haare ist irgendwie fast größer als das Thema Krebs an sich. Ich habe mir die Haare dann selbst abrasiert, damit ich darüber entscheiden kann, wann ich sie verliere und nicht die Krabbe“. Auch für ihre Tochter sei das ein großes Thema gewesen, warum die Mama denn nun keine Haare mehr hätte. Linda Menke hat sich vor Beginn der Chemotherapie Perücken besorgt, damit sie sich trotz der ganzen Strapazen und Einschränkungen wohlfühlen kann.

Heute gehe sie noch positiver durchs Leben als ohne hin schon. Sie warte auf nichts mehr: „Ich möchte nach Amerika fliegen – ich fliege einfach nach Amerika. Ich möchte ein neues Tattoo – ich lass es mir sofort stechen. Und so handhabe ich es mittlerweile bei allen Dingen“. Selbst vermeintlich nervige oder unschöne Umstände stressen sie heute nicht mehr. „Ich sehe dann auch in solchen Situationen das Gute. Das ist eine neue Qualität“, schildert Linda Menke.

Die 34-jährige Unternehmerin möchte mit ihrer Geschichte andere Betroffene erreichen – deshalb teilt sie ihr Schicksal auch in den sozialen Medien. Seit acht Jahren ist sie bei Youtube und Instagram aktiv, teilt ausgewählte Ausschnitte ihres Lebens mit ihren 150.000 Follower*innen. „Ein paar Tage nach der Diagnose habe ich ein Youtube-Video abgedreht. Mir war sofort klar, dass ich über meine Erkrankung offen sprechen möchte. Vor allem um anderen Mut zu machen, ihnen zu zeigen, hey, ihr seid nicht alleine“, erzählt Linda Menke. Auch ihren Aufenthalt im Klinikum hat sie auf ihrem Profil geteilt, Einblicke gegeben, die man sonst bei Instagram & Co. nicht unbedingt sieht. „Aber das ist das echte Leben und manchmal müssen wir einfach ums Überleben kämpfen“, sagt die junge Mutter.

Immer wieder appelliert die Influencerin auch an ihre weiblichen Zuschauerinnen, Vorsorge-Maßnahmen regelmäßig wahrzunehmen. „Wenn ich nur einem Menschen damit helfen kann, ihm das Leben so vielleicht retten kann, war es das Wert“.

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