Wenn die Blase tropft

Neues Kontinenz- und Beckenbodenzentrum am Krankenhaus Lübbecke

Inkontinenz ist oft heilbar. Am Ostwestfälischen Kontinenz- und Beckenbodenzentrum am Krankenhaus Lübbecke steht ein Team aus Experten zur Verfügung: (von links) Arzt Dr. Johannes Polith, Dr. Anna von Delft, Direktor Dr. Albert Neff, Dr. Mohamed Abudabbous und Tilmann Giesbrecht-Klassen.

Es gibt nur noch wenige Tabus in Deutschland. Eins der verbliebenen Tabus ist Inkontinenz, oder gar Stuhl-Inkontinenz. Darüber spricht man nicht, nicht einmal mit einem Arzt. Ein großer Fehler, wie die Mediziner am Krankenhaus Lübbecke meinen. Denn vielen Betroffenen kann mit der richtigen Behandlung geholfen werden. Aus diesem Grund wird am Krankenhaus Lübbecke ein neues Schwerpunktzentrum eröffnet: das Ostwestfälische Kontinenz- und Beckenbodenzentrum.

In dem neuen Zentrum werden Spezialisten verschiedener Disziplinen eng zusammenarbeiten, wenn es um Blasenschwäche und ähnliche Funktionsstörungen des Beckenbodens geht. Den harten Kern des Zentrums bilden Dr. Albert Neff, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, und der leitende Arzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie und operative Uro-Onkologie, Dr. Johannes Polith. Das Netzwerk ist aber weit größer und beinhaltet Chirurgen, Gastroenterologen, Physiotherapeuten und Hebammen – je nach Krankheitsbild werden sie zu Rate gezogen. Auch das Endoskopie-Zentrum am Krankenhaus Lübbecke ist Teil des Netzwerks.

Von Harn- und Stuhlinkontinenz sind Männer und Frauen in gleicher Weise betroffen. Allerdings unterscheiden sich die Gründe für die Inkontinenz zum Teil erheblich. Bei der Frau liegt oft eine Schwächung der Bänder und Muskeln im Beckenboden vor. Etwa ein Drittel aller Frauen, so die Schätzung von dem Gynäkologen Dr. Albert Neff, haben in ihrem Leben Erfahrungen mit Inkontinenz. Dabei sind insbesondere viele junge Frauen nach einer Geburt betroffen: „Der Leidensdruck bei dieser Personengruppe ist immens hoch ebenso wie die Scham. Dabei ist gerade diese Form der Inkontinenz gut behandelbar – oftmals auch konservativ, also ohne Operation“, so Dr. Neff.

Bei den Männern tritt die Inkontinenz oftmals als Begleiterscheinung bei einer stark vergrößerten Prostata oder nach vollständiger Prostataentfernung auf. Auch nach einer Bestrahlung infolge einer Krebsbehandlung kann Inkontinenz auftreten. „Bei Männern steigt die Wahrscheinlichkeit von Inkontinenz mit dem Lebensalter. Wenn man es früh genug feststellt, gibt es aber auch bei Männern zahlreiche konservative und operative Behandlungsoptionen, um das unangenehme Problem in den Griff zu kriegen“, sagt Dr. Johannes Polith.

Offiziell wird das Ostwestfälische Kontinenz- und Beckenbodenzentrum am Lübbecker Krankenhaus im März 2020 eingeweiht. Erste Anlaufstelle sind dort Dr. Albert Neff und Dr. Johannes Polith. Untersucht werden Patienten mit Beschwerden zum Beispiel per Ultraschall, eine beim Beckenboden noch relativ neue Methode. Auch die Möglichkeit einer Blasendruckmessung besteht seit mehreren in der urologischen Klinik Jahren in Lübbecke. Mittels Endoskopie werden Blase und Harnröhre zudem von innen untersucht. „Komplexe Fälle diskutieren wir regelmäßig interdisziplinär in einem speziellen Board, um für die Patientinnen und Patienten die richtige Therapie zu finden“, sagt Dr. Johannes Polith. Die verschiedenen Untersuchungstechniken ergänzen einander.

Auch die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig. „Der erste Schritt ist immer eine konservative Behandlung. Wir versuchen nach einer umfangreichen Diagnostik zusammen mit Physiotherapeuten einen individuellen Trainingsplan zu erarbeiten, um das Gewebe und die Muskeln zu stärken. Kombiniert mit einer medikamentösen Behandlung führt diese Maßnahme häufig zu einer deutlichen Verbesserung und oftmals auch zu einem kompletten Verschwinden der Symptome“, sagt Dr. Johannes Polith. Erst wenn der konservative Ansatz nicht erfolgreich ist, wird ein operativer Ansatz verfolgt. Dabei geht es darum, den Schließmuskel zu unterstützen und Defekte des Halteapparates im Becken zu beseitigen. Auch die Botox-Einspritzung in den Blasenmuskel kann eine sinnvolle Behandlung sein. Mitunter sind die Veränderungen so ausgeprägt, dass ein Netz, welches bei einer Operation in die Bauchhöhle eingebracht wird, die Situation stabilisieren muss.

Das neue Kontinenz- und Beckenbodenzentrum OWL ist auch Thema der nächsten Vortragsreihe „Medizinischer Frühling“ am Donnerstag, 27. Februar 2020, um 19 Uhr im Sozialzentrum des Lübbecker Krankenhauses. Der Eintritt ist frei. Dr. Johannes Polith berichtet in seinem Vortrag „Wenn die Blase tropft“ über aktuelle Diagnostiken und Therapien bei der Blasenschwäche.

Für das Beckenbodenzentrum in Lübbecke können über die Frauenklinik des Krankenhauses Lübbecke oder über die Urologie Termine vereinbart werden: Telefon 05741/35 1200 oder 05741/35 1300. Benötigt wird eine Überweisung von einem Haus- oder Facharzt.

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