Er ist tückisch, da er oft schleichend beginnt, unscheinbar ist und keine Schmerzen verursacht: Brustkrebs. Jedes Jahr bekommen 70.000 Frauen die Diagnose Mammakarzinom, allein in Deutschland.
Derzeit erkrankt eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Eine von ihnen ist Cornelia Wyes, die 71-Jährige hatte einen 12,5 Zentimeter großen Tumor in ihrer Brust.
Die vergangenen zwei Wochen fühlen sich für Cornelia Wyes immer noch unwirklich an, wie ein Film. „Ich verdanke den Ärztinnen und Ärzten hier im Klinikum mein Leben“, sagt die pensionierte Lehrerin aus Porta Westfalica mit brüchiger Stimme. Sie wusste seit ein paar Monaten, dass in ihrer Brust etwas war, was dort nicht hingehörte. Etwas, das durchaus bedrohlich war, „aber ich habe es immer wieder verdrängt, andere Dinge waren wichtiger und dann wäre es fast zu spät gewesen“.
Denn eines morgens bemerkt Cornelia Wyes, dass Blut aus ihrer Brust tropft, „dann habe ich Panik bekommen und bin sofort ins Krankenhaus gefahren“, erzählt die 71-Jährige. Es folgen dramatische Stunden, denn im Uni-Klinikum Minden wird die Blutung immer stärker und der Tumor platzt schließlich. Cornelia Wyes wird sofort operiert. „Ich habe gedacht, dass ich das nicht überlebe“, erinnert sich die Brustkrebs-Patientin.
Sechs Monate zurück: Die Rentnerin bemerkt beim Abtasten ihrer linken Brust eine Veränderung, einen winzigen Knoten. „Zunächst habe ich mir gar nicht so viel dabei gedacht, doch als es nach Wochen nicht wegging, habe ich mir schon angefangen etwas Sorgen zu machen“, erzählt die pensionierte Lehrerin. Da sie keine Schmerzen oder anderen Beschwerden hat, schiebt Cornelia Wyes den Gang zum Arzt immer weiter auf, „dann ist auch mein Mann noch sehr unglücklich gestürzt und musste ins Krankenhaus, ich hatte also gar keinen Kopf dafür“.
Sechs Monate vergehen, sechs Monate, in denen der „Störenfried“, wie die Patientin den Tumor nennt, in ihrer Brust unaufhaltsam wächst. Bis er schließlich die Haut durchbricht. Und Cornelia Wyes‘ Leben fast auseinanderbricht.
„Man muss sich das so vorstellen: Wenn ein Tumor sehr aggressiv ist, wächst er rasant, so schnell, dass die Haut dem Druck nicht mehr standhalten kann und das führt dazu, dass die Geschwulst aufbricht. Im Zuge dessen kommt es zu sehr starken Blutungen und Schmerzen. Es muss dann unverzüglich gehandelt werden“, erklärt Universitätsprofessor Dr. Philipp Soergel, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Uni-Klinikum Minden.
Im Fall von Cornelia Wyes waren auch noch Blutverdünner im Spiel, sodass die Blutung noch dramatischer war. Die Patientin aus Porta Westfalica erinnert sich, wie mehrere Ärzte auf ihre Brust gedrückt haben, um die Blutung zu stoppen, „was danach alles passiert ist, habe ich nicht mehr wahrgenommen. Ich hatte nur unglaublich viel Angst“.
Die Patientin wird sofort operiert. Universitätsprofessor Dr. Philipp Soergel erläutert: „Wir konnten während des Eingriffs erfreulicherweise das gesamte Karzinom entfernen, der Tumor war 12,5 Zentimeter groß. Wir hatten es hier mit einem aggressiven und sehr schnell wachsenden Tumor zu tun, solche Fälle sind eher selten. Nur 10 Prozent der Mammakarzinome sind so schnell wachsend.“
In solchen Fällen kann sich die Größe des Karzinoms innerhalb von 50 Tagen verdoppeln. „Je größer der Tumor und je aggressiver und schneller das Wachstum, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Streuung“, so der Mindener Gynäkologe und Leiter des Brustzentrums Minden-Herford.
Das zertifizierte Brustzentrum Minden-Herford ist eine wichtige Anlaufstelle für Brustkrebspatientinnen. Hier werden jährlich mehr als 400 erkrankte Frauen mit Brustkrebs aus OWL und Niedersachsen von einem interdisziplinären Team aus Gynäkologen, Gynäkoonkologen, internistischen Onkologen, Radiologen, Pathologen, Psychologen und Pflegefachkräften versorgt. Außerdem werden nahezu 700 Patientinnen in der Brustsprechstunde betreut. Brustkrebs ist eine Erkrankung, die auch in seltenen Fällen Männer betreffen kann. Zwei- bis dreimal pro Jahr werden auch Männer im Brustzentrum behandelt.
Durch die Bildung des interdisziplinären und interprofessionellen Brustzentrums Minden-Herford wurde ein Kompetenzzentrum für Diagnostik und Therapie von Frauen mit bösartigen und gutartigen Brusterkrankungen geschaffen. Durch die Kooperation der beteiligten Fachabteilungen des Klinikums und der Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte vereinen das Universitätsklinikum Minden und das Klinikum Herford klinische und wissenschaftliche Fachkompetenz.
Die Brustkrebs-Patientin aus Porta Westfalica hat aber Glück: Der Krebs hat nicht gestreut, ihre Heilungschancen sehen sehr gut aus. „Ich bin sehr erleichtert, dass ich mit solch einer Prognose nach Hause gehen kann, das gibt mir Mut und Zuversicht“, erzählt Cornelia Wyes. Die Rentnerin wird noch eine ambulante Chemotherapie als Anschlussbehandlung bekommen, „denn die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne Krebszellen im Körper rumschwirren, ist sehr hoch. Aber diese aggressiven Tumore sind sehr anfällig für eine Chemotherapie, damit verhindern wir, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet oder ein Rückfall eintritt“, so Universitätsprofessor Dr. Philipp Soergel.
Die Brustkrebstherapie besteht aus zwei Säulen. Die erste Säule ist die operative Entfernung des Tumors. „Wir Gynäkologen streben stets an, den Tumor vollständig mit einem Randsaum von gesundem Gewebe herauszuoperieren, gleichzeitig aber möglichst viel gesundes Gewebe zu erhalten“, erläutert der Mindener Mediziner. Die zweite Säule ist eine Therapie für den ganzen Körper – wie eine Chemotherapie. Diese erfolgt zum Teil noch vor der Operation, um den Tumor zu verkleinern und ihn somit überhaupt operabel zu machen oder möglichst viel gesundes Brustgewebe schonen zu können.
„Brustkrebs ist gut therapierbar. Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar. Aber jeder Brustkrebs ist anders. Wir benötigen daher eine sehr individuelle Therapie, die in jedem Einzelfall zwischen den verschiedenen Professionen besprochen und diskutiert wird“, erklärt Universitätsprofessor Dr. Philipp Soergel.
Cornelia Wyes kann gar nicht glauben, dass sie eine zweite Chance bekommen hat, „ich bin sehr demütig, dass ich heute hier sitzen darf“, sagt die Brustkrebs-Patientin mit Tränen in den Augen. Sie möchte mit ihrer Geschichte andere betroffene Frauen erreichen, „sobald ihr eine Veränderung spürt, geht sofort zum Arzt. Wartet nicht.“
Brustkrebsinformationstag
Am 23. November steht das Thema Brustkrebs im Fokus im Uni-Klinikum Minden. Am Brustkrebsinformationstag können Interessierte aber auch Betroffene zwischen 10 und 16 Uhr mit den Mindener Expert*innen ins Gespräch kommen und Fragen stellen. Außerdem gibt es an Informationsständen alles Wichtige rund um das Thema Brustkrebs. „Wie stelle ich Veränderungen in der Brust fest und was muss ich tun, wenn ich den Verdacht habe einen Knoten in der Brust zu haben? All diese Fragen klären wir an diesem Tag“, erläutert der Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde.
Bei der Diagnose Krebs ist nicht nur die medizinische Komponente wichtig, sondern auch die psychische und emotionale. Deshalb ist auch die Selbsthilfegruppe Brustkrebshilfe OWL beim Informationstag dabei und stellt sich vor. Alle wichtigen Informationen gibt es auf der Seite Brustkrebs – Informationstag