„Es war ein Marathon“

Reinhard Fricke überlebt Bauchaortenaneurysma, Krebs und zwei Tumore

Am Krankenhaus Lübbecke hat für Reinhard Fricke alles angefangen. Er muss nun regelmäßig zur Nachkontrolle ins Krankenhaus kommen. Dr. Bernd Wejda bespricht mit seinem Patienten Reinhard Fricke die Untersuchungsergebnisse.

Wenn eine Krankheit die nächste jagt: Der 74-jährige Hüllhorster Reinhard Fricke hat innerhalb weniger Wochen acht Krankenhausaufenthalte, mehrere große Operationen, Eingriffe und zahlreiche Untersuchungen hinter sich bringen müssen. Andere hätten wahrscheinlich den Lebensmut verloren, Reinhard Fricke hat nicht einmal ans Aufgeben gedacht: „Ich habe mich jeder neuen Herausforderung gestellt und gekämpft. Die hervorragende Kommunikation mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und die verlässliche Planung aller Eingriffe war optimal und hat mir immer wieder klare Perspektiven gegeben.“

Alles fing mit Verdauungsbeschwerden an. Über mehrere Wochen hatte der Rentner Schmerzen und starken Durchfall. Irgendwann konnte es Fricke nicht mehr aushalten. Eine Darmspiegelung im Krankenhaus Lübbecke sollte helfen herauszufinden, was hinter den starken Verdauungsproblemen steckte. Dr. Bernd Wejda, Direktor der Klinik für Gastroenterologie und interventionelle Endoskopie am Krankenhaus Lübbecke, erklärt: „Mein Erstkontakt zu Herrn Fricke erfolgte im Rahmen der geplanten Darmspiegelung, hier mussten wir neben weiteren Polypen, die sofort entfernt werden konnten, einen acht mal sechs Zentimeter großen Tumor im Enddarm feststellen, der für die Beschwerden verantwortlich war. Eigentlich ein Befund, der operativ versorgt werden muss.“

Aber der Darm ist nicht das einzige Problem. Während der Untersuchungen entdecken die Lübbecker Gastroenterologen neben einem großen Bauchaortenaneurysma auch einen großen Tumor zwischen Brustkorb, Lunge und dem Herzen beim 74-Jährigen. Ein Schock für den Familienvater und seine Ehefrau Sigrid Fricke. „Damit hatten wir nicht gerechnet, plötzlich taten sich immer mehr Baustellen auf. Es nahm gar kein Ende mehr“, erzählt das Hüllhorster Ehepaar.

„Diese Fülle an Problemen haben wir so natürlich auch nicht vorhersehen können. Wir haben uns dann aber interdisziplinär sehr eng abgestimmt in welcher Reihenfolge die Behandlungen erfolgen sollen“, erklärt Dr. Bernd Wejda. Für die Medizinerinnen und Mediziner ist klar: sie müssen Prioritäten setzen. Zunächst galt es das Aneurysma zu operieren, denn hier drohte eine unmittelbar lebensbedrohliche Komplikation.

„Die Bauchschlagader versorgt die Bauchorgane und die Beine mit sauerstoffreichem Blut aus dem Herzen. Sie stellt die Hauptverbindung vom Herzen zum unteren Körper dar. Bei einem Bauchaortenaneurysma ist diese Bauchschlagader, die medizinisch Bauchaorta genannt wird, sackartig erweitert. Eine leichte Erweiterung der Bauchaorta ist meistens kein Problem, wächst sie jedoch weiter an und dehnt sich zu stark aus, besteht die Gefahr, dass sie reißt – dann droht unmittelbare Lebensgefahr“, erklärt Klinikdirektor Dr. Bernd Wejda.

Bei Reinhard Fricke war die Bauchaorta bereits auf acht Zentimeter erweitert, ein kritischer Zustand. Die Aorta hat im Bauchraum bei erwachsenen Menschen normalerweise einen Durchmesser von nur etwa zwei Zentimetern. Vorwiegend Männer sind von einer Erweiterung der Bauchaorta betroffen.  Sie wird oft nur zufällig bei einer Ultraschalluntersuchung entdeckt. So wie auch beim Hüllhorster Reinhard Fricke.

Dr. Bernd Wejda berät sich mit seinem Kollegen Dr. Uwe Werner, dem Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, auf der gemeinsam geführten Bauchstation. Die Lübbecker Mediziner entscheiden sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Gefäßchirurgie des Mindener Universitätsklinikums dazu, dass der Eingriff im Johannes Wesling Klinikum durchgeführt wird. „Unser großer Vorteil als Klinikverbund ist es, dass wir eng und interdisziplinär zusammenarbeiten“, sagt Dr. Bernd Wejda.

Im Universitätsklinikum Minden wird in der Klinik für Gefäßchirurgie ein sogenannter endovaskulärer Eingriff durchgeführt. Dabei führt die Ärztin oder der Arzt über einen kleinen Schnitt in der Leiste ein Röhrchen, einen sogenannten Stent, über die Beinarterie ein und schiebt den Stent dann bis in das Aneurysma vor und entfaltet diesen dann am Ort des krankhaft erweiterten Gefäßes – so wird die Bauchschlagader von Innen geschient, das Blut fließt nunmehr vollständig durch den Stent in die Beinarterien, das kritische Aneurysma wird dadurch praktisch ausgeschaltet.

„Ich habe die Operation sehr gut überstanden und konnte recht schnell wieder nach Hause, hatte allerdings immer noch Beschwerden durch den Darm“, erinnert sich Reinhard Fricke.

Deshalb galt es nun den Darm so schnell wie möglich zu behandeln, wie Gastroenterologe Dr. Bernd Wejda erläutert: „Die Entfernung des Darmtumors habe ich über eine Spiegelung vorgenommen. Dieser Eingriff war durchaus riskant und zeitaufwändig, aber erfreulicherweise technisch gut durchführbar. Die Ergebnisse der Gewebeanalyse zeigten dann zwar einen Darmkrebs, aber es bestanden sehr gute Chancen nun eine Operation vermeiden zu können. Die Nachkontrollen, zuletzt im August, zeigten erfreulicherweise kein Tumorgewebe mehr.“

Die Verdauungsprobleme waren nun endlich Geschichte. Jetzt konnte sich Reinhard Fricke auch der nächsten Herausforderung stellen, die operative Entfernung des Tumors zwischen Brustkorb, Lunge und dem Herzen. Doch kurz vor der OP ist plötzlich sein rechtes Bein taub, der 74-Jährige kann nicht mehr laufen. Seine Ehefrau alarmiert sofort den Rettungsdienst – und der erkennt sofort den Ernst der Lage. Der Stent, der in die erweiterte Bauchaorta eingesetzt wurde, ist verstopft, der Blutfluss zum Bein plötzlich unterbrochen. Eine Komplikation, die nach solch einem Eingriff nicht ungewöhnlich ist. Reinhard Fricke wird ins Krankenhaus Bad Oeynhausen eingeliefert und dort von den auch hier operierenden Gefäßchirurgen noch in der gleichen Nacht erneut mit einem Stent versorgt.

Zeit zum Durchatmen braucht Reinhard Fricke nicht: „Dieser OP-Marathon war natürlich anstrengend, aber ich wollte nun auch endlich, dass der zweite Tumor aus meinem Körper entfernt wird“. Da die Mühlenkreiskliniken eng mit dem Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen arbeiten und zu befürchten war, dass eine Herz-Lungen-Maschine bei dem Eingriff zum Einsatz kommen könnte, entschieden sich die behandelnden Ärzte dazu, den Eingriff dort vorzunehmen. Der riesige Tumor, der sich zwischen Wirbelsäule, Lunge und Herz befand, konnte entfernt werden und war zum Glück gutartig.

„Wir waren natürlich erleichtert und konnten endlich positiv nach vorne schauen“, erzählen Sigrid und Reinhard Fricke.

Auch für den erfahrenen Klinikdirektor Dr. Bernd Wejda ist die Geschichte von Reinhard Fricke erstaunlich: „So eine Fülle bedrohlicher Erkrankungen auf einen Schlag erleben wir Mediziner auch nicht jeden Tag. Mich beeindruckt vor allem, wie Herr Fricke sich dem Ganzen gestellt hat. Er hat eine unglaubliche Willensstärke. Ich habe in vielen Gesprächen mit ihm und seiner Frau, die ganz eng an seiner Seite steht, immer versucht den Weg klar vorzuzeichnen. Durch die hervorragende Kooperation innerhalb und außerhalb unseres Hauses konnten all die großen Eingriffe in nur gut zehn Wochen erfolgen“, sagt Dr. Bernd Wejda, Direktor der Klinik für Gastroenterologie und interventionelle Endoskopie am Krankenhaus Lübbecke. Und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass seine Krankheitsgeschichte anderen etwas Mut und Zuversicht gibt.“

Reinhard Fricke ist froh über sein jetziges Leben: „Es war ein Marathon, aber ich habe mich nie gegen eine Behandlung gesträubt oder gesagt, dass ich nicht mehr will. Wir wurden von Dr. Wejda sehr gut durch diese ganzen Eingriffe geführt, alles wurde vorab besprochen und verständlich gemacht. Ich bin allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unglaublich dankbar. Ich habe mich zu jeder Zeit gut aufgehoben und aufgeklärt gefühlt. Wer weiß, ob ich heute noch leben würde, wenn die Ärzte nicht rechtzeitig reagiert hätten“, sagt der 74-Jährige.

Immer an seiner Seite: seine Ehefrau Sigrid. „Meine Frau fährt mich zu jeder Untersuchung, ist bei jeder Besprechung mit den Ärzten dabei und schenkt mir Kraft“, sagt Reinhard Fricke. Der Familienvater hat heute mit keinen Einschränkungen zu kämpfen, kann seinen Alltag ganz normal bewerkstelligen. Das Ehepaar liebt Fahrradtouren und verbringt die Wochenenden gerne am Steinhuder Meer. „Wir führen ein zufriedenes Leben; auch Dank der Hilfe, die wir erhalten haben“, sagen Sigrid und Reinhard Fricke.

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