Eine kleine Reise ins Glück

Klinikclowns besuchen die Palliativstation am Universitätsklinikum Minden

Wilma überreicht eine Seifenblase als Geschenk. Schnell wird eine Beziehung aufgebaut.

Auf Kinderstationen sind die Klinikclowns ein vertrauter Anblick geworden: Sie lenken die jungen Patienten ab, lassen Schmerzen eine Weile vergessen, zaubern ein Lachen in die Gesichter. Clowns auf einer Kinderstation: Das passt. Aber Clowns auf einer Palliativstation? Hier kann man sich nun wirklich keinen Klamauk und alberne Späße eines Clowns vorstellen. Und doch haben die Clowns „Klara“ und „Wilma“ mit fröhlich-bunten Kleidern und rot geschminkten Nasen nun die Palliativstation des Universitätsklinikums Minden besucht. 

Das Geheiminis: Die Clowns Susanne Hill und Birgit Klinksieck vom Verein Clownskontakte e.V. sind nicht auf Klamauk aus. „Wir bringen ein bisschen Leichtigkeit und Freude in einen herausfordernden Alltag“, sagt Susanne Hill. „Das ist eigentlich überall dasselbe – ob Kinderklinik, Altenheim oder Palliativstation“. Nur die Vorgehensweise sei jeweils eine andere. Denn Clown beziehungsweise Clownin sein heißt nicht stolpern, Grimassen schneiden und „den Kasper machen“, wie Birgit Klinksieck das nennt. Sondern für Klara und Wilma heißt das vor allem: sich ganz auf das Gegenüber einlassen und mit einfachen Mitteln versuchen, eine Situation zu schaffen, in der der Andere sich wohlfühlen und entspannen kann. Musik spielt dabei eine große Rolle. Aber auch die Unbefangenheit und Nahbarkeit, die das Markenzeichen guter Clowns sind.

Auf der Palliativstation des Johannes Wesling Klinikums treten die beiden, die bereits mehrere Jahre Berufserfahrung mitbringen, heute zum ersten Mal auf. Denn Klinikclowns hat es auf dieser Station bisher noch nicht gegeben. Als sie Zimmer 6 betreten, wirken die beiden Patientinnen abgeschlagen und müde. Dennoch stimmen sie einem Besuch der Clowns zu – das ist eine Grundbedingung. „Wenn jemand seine Ruhe möchte, dann wird das respektiert. Der Patient hat das Sagen.“ 

Mit dem Akkordeon auf dem Rücken, einer Ukulele und einem alten Koffer in der Hand stellen sich Klara und Wilma kurz vor und sind sofort – die Clownsrolle macht es möglich – mit den Patientinnen per Du. Unmerklich gelingt es ihnen, für die Patientinnen eine Atmosphäre zu schaffen, in die diese sich gern hineinziehen lassen. Erst recht, als die beiden die Instrumente zur Hand nehmen und spontan, aus der Situation heraus, „Rote Lippen soll man küssen“ anstimmen. Das Lied weckt Erinnerungen. Textsicher wird mitgesungen. Die Stimmung im Raum hat sich inzwischen vollkommen verändert, wirkt gelöst, erst recht, als dann auch noch Luftballons und Seifenblasen ins Spiel kommen. 

Während in Zimmer 6 gesungen wird, schaut Dr. Parvis Sadjadian, Oberarzt der Universitätsklinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Palliativmedizin, hinein. Wilma legt die Ukulele beiseite, knickst und es heißt „Damenwahl“. Clownin und Oberarzt legen einen Walzer aufs Parkett. Die Patientinnen schmunzeln: So haben sie ihren Arzt noch nicht gesehen. Und auch Dr. Sadjadian hat immer noch ein Lächeln im Gesicht, als er sich wieder verabschiedet. 

Clowns auf der Palliativstation – diesen Gedanken findet der Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Johannes Wesling Klinikum überhaupt nicht abwegig. „Humor gehört zu uns“, betont er. Bis zu vier Wochen verbringen die Patienten auf der Palliativstation – „das bedeutet viel liegen und vor allem viel grübeln“. Deshalb habe man sich entschlossen, mithilfe der Unterstützung des Fördervereins OnkoPall Minden e.V. das Pilotprojekt mit den Klinikclowns zu starten. Denn so ein Besuch sei nicht nur eine willkommene Abwechslung. Sondern in einem solchen Rahmen falle es selbst Patienten, die sonst eher verschlossen sind, leichter, Emotionen zuzulassen. „Und das hilft bei der Krankheitsverarbeitung“. 

„Wir sind wie ein Ventil“, weiß auch Susanne Hill. „Die Menschen spüren, dass wir nichts von ihnen wollen, deshalb öffnen sie sich ganz anders.“ Nicht nur lachen, auch weinen gehört dazu. „Das ist nicht unser Ziel, aber es ist schön, wenn es einfach so geschehen kann.“ Das gilt auch für Angehörige, die vielleicht gerade anwesend sind: Auch für sie kann der Clownsbesuch entlastend sein, so die Erfahrung von Klara und Wilma. Ihre Arbeit beschreiben sie selbst so: „Wenn wir in einen Raum kommen, spüren wir erst einmal hinein: Was ist das für eine Stimmung? Das greifen wir dann auf. Wir geben keine Vorstellung, keine Show. Wir wollen nicht bespaßen. Wir gehen auf unser Gegenüber ein und gucken, was sich ergibt.“ 

Für die Patientinnen von Zimmer 6 war der Besuch von Wilma und Klara wie eine kleine „Reise ins Glück“ – ein weiteres Lied, das sie an diesem Nachmittag mit den Klinikclowns gesungen haben. „So was von toll“, sind sie sich danach einig, „so natürlich und herzlich.“ Und etwas nachdenklicher heißt es: „Wenn man so am Boden liegt, ist das eine schöne Aufmunterung. Das konnte man sich vorher gar nicht richtig vorstellen. Aber wenn die beiden dann da sind, wissen sie, was sie tun.“ Den Patientinnen hat der Besuch viel bedeutet. Ihr Wunsch: „Man sollte damit auf jeden Fall weitermachen.“

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