Forschen, um zu pflegen

Pflegestudierende der Akademie für Gesundheitsberufe stellen ihre Forschungsergebnisse vor

Die Posterpräsentation der Pflegestudierenden in der Akademie für Gesundheitsberufe stieß auf großes Interesse

An der Akademie für Gesundheitsberufe in Minden ist bereits seit mehreren Jahren möglich, was durch das Pflegeberufegesetz deutschlandweit erst 2020 eingeführt wird: ein Pflegestudium zu absolvieren. In Kooperation mit der Fachhochschule Bielefeld gibt es hier einen dualen Bachelorstudiengang "Pflege", der die Ausbildung bei den Mühlenkreiskliniken mit dem Erwerb eines Hochschulabschlusses kombiniert.

Pflege nicht als Ausbildungsberuf, sondern als Studienfach - das sei im europäischen Ausland längst Standard, so Professor Dr. Christa Büker, stellvertretende Studiengangsleiterin des Bachelorstudiengangs Pflege. Die Akademisierung des Pflegeberufes bedeutet nicht, dass Pflege dadurch weniger praxis- und patientenorientiert wird. Eher im Gegenteil: "Die Patienten haben ein Recht auf eine Pflege nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft", betont Professor Dr. Büker und nennt ein Beispiel: Noch bis in die Neunzigerjahre seien Dekubitus-Patienten mit der "Eisen und föhnen"-Methode versorgt worden, um die Wundheilung zu fördern. Aber die Pflegeforschung habe diese einst gängige Praxis widerlegt: Heute gelte die Methode als Pflegefehler. "Das zeigt, dass eine regelmäßige wissenschaftliche Überprüfung von pflegerischen Interventionen nötig ist."

Genau das lernen die Studierenden an der Akademie für Gesundheitsberufe Minden und an der Fachhochschule Bielefeld im Laufe ihres Bachelorstudiums: pflegerische Ansätze und Methoden immer wieder systematisch zu hinterfragen, damit der oder die Pflegebedürftige auch wirklich die beste Versorgung erhält. "Evidenzbasierte Pflege" heißt das Verfahren, kurz: "EBN" (Evidence-Based Nursing).

Im Rahmen einer Poster-Präsentation in der Akademie für Gesundheitsberufe konnten die Studierenden nach Ende ihres sechsten Fachsemesters dieses Verfahren jetzt beispielhaft aufzeigen. Auf individuell gestalteten Din-A-0-Schaubildern boten sie einen Überblick über die wissenschaftliche Diskussion zu unterschiedlichen Fragestellungen. Das Themenspektrum war breit gefächert. Da ging es unter anderem um "Skills gegen Borderline" oder "Nordic Walking gegen Depressionen", um den Einsatz von Proteinen gegen krankheitsbedingte Wundheilungsstörungen oder Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen oder um die Frage, inwieweit "Energietagebücher" gegen Erschöpfung bei Krebspatienten helfen.

Die Fragestellungen waren von den Studierenden selbst gewählt und hatten sich aus dem Pflegealltag während ihrer Praxiseinsätze ergeben. Aktuelle Studien - nationale wie internationale - mussten zu Rate gezogen, bearbeitet und wissenschaftlich ausgewertet werden. Ihre Ergebnisse präsentierten die Studierenden dann vor Kommilitonen, Pflegefachkräften, Praxisanleitern und Pflegedirektoren der Mühlenkreiskliniken.  

Karine Pfeifer beispielsweise hatte das Thema "Linderung postoperativer Schmerzen durch Musik" aufgegriffen - und stieß damit bei Urte Abbate, Pflegedirektorin im Krankenhaus Lübbecke-Rahden, auf großes Interesse. "Das ist etwas, das sich relativ schnell in die Praxis umsetzen lässt, indem man Patienten schon beim Vorgespräch bittet, sich Musik mitzubringen." Überhaupt seien "tolle Arbeiten dabei, bei denen man ansetzen und von denen man etwas mitnehmen kann", zeigte sie sich beeindruckt von den Präsentationen.

Und genau das ist auch das Ziel der wissenschaftlichen Projekte der Studierenden und des gesamten Pflegestudiums: Die Chancen einer akademischen Ausbildung zu nutzen, um wissenschaftliche Erkenntnisse besser in den Pflegealltag zu integrieren. "Das Problem kommt aus der Praxis, wird wissenschaftlich bearbeitet und dann geht das Ergebnis wieder zurück in die Praxis, um den Patientinnen und Patienten besser zu helfen - so ist es gedacht", erläuterte Professor Dr. Büker. Zum Nutzen der Pflegebedürftigen, aber auch zur Optimierung des gesamten Pflegeumfeldes.

In Annika Ritters EBN-Projekt etwa ging es um die Verhinderung von Gewalt von Patienten gegen das Pflegepersonal. Und zwar besonders bei der Aufnahme und während der ersten drei Tage des Klinikaufenthaltes, denn "da ist das Risiko besonders hoch", weiß die Pflege-Studentin, die im vergangenen Semester in der Notaufnahme eingesetzt war.

In einem Jahr werden sie und ihre Kommilitonen ihr Studium mit der Bachelorarbeit abschließen. Pflege als Studium - das ist für Annika Ritter genau der richtige Weg. Denn: "Es ist wichtig, dass man die Patienten auf einer guten Grundlage pflegt und nicht nur, weil man es schon immer so gemacht hat," sagt sie. Im Übrigen sei es auch eine Frage der gesellschaftlichen Wahrnehmung: "Wir Pflegekräfte sind eine eigenständige Berufsgruppe, die professionell arbeitet, nicht bloß Gehilfen der Ärzte."

Vom Pflegestudium überzeugt ist auch Oliver Neuhaus, Leiter der Akademie für Gesundheitsberufe: "Ein großer Teil der Pflege beruht auf Erfahrungswissen. Von Studierenden erwarte ich, dass sie die Dinge nicht einfach hinnehmen, sondern kritisch hinterfragen. Wie man wissenschaftlich in der Pflege arbeitet und welche Chancen das für die Versorgung der Patienten birgt - das hat die Poster-Präsentation der Studierenden heute wunderbar deutlich gemacht."

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