Wenn der Körper das Kapital ist

Podiumsdiskussion über Sportverletzungen

Foto: (MKK) Nur zur Vorsicht: Bevor es zum Sport geht, sollten sich Freizeitsportler das Okay vom Arzt holen.

Der Körper ist sein Kapital. Früher ist der Handballer Florian Freitag (20), Rückraumspieler bei GWD Minden, „in jeden Zweikampf gegangen, ohne richtig darüber nachzudenken“. Mit einer Verletzung hat er sich „nie auseinandergesetzt - bis sie kam“. Nach der Genesung, so Freitag, habe er zweimal überlegt, eine bestimmte Bewegung zu machen. „Aber wenn es läuft, nimmt das ab.“ Und es läuft. Heute ist der Kopf wieder frei.

Hinter Florian Freitag steht ein Verein, der sich kümmert: Trainerteam, Management, medizinische Abteilung. „Durch optimale Versorgung versuchen wir Spieler vor Krankheit und Verletzungen zu schützen“, erklärt Günter Gieseking, Team-Manager von GWD Minden. „Planen Vereine von vornherein mit Ausfällen von Spielern?“, will Prof. Dr. Johannes Zeichen, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Mindener Johannes Wesling Klinikum, als Moderator einer Podiumsdiskussion über Sportverletzungen von Spitzensportlern und Experten aus unterschiedlichen Bereichen wissen. Die Antwort: Verletzungen treffen den Verein zumindest nicht ganz unvorbereitet. „Schon bei der Kaderplanung wird berücksichtigt, dass Spieler ausfallen können“, verrät Gieseking.

Sport als Vorbild
Nicht-Eingeweihte könnten auf die Idee kommen, dass Spitzenhandballer durch ständige Kontrolle gegängelt werden. „Das ist keine Gängelei, sondern betriebliches Gesundheitsmanagement“, wiederspricht Oliver Abt, Physiotherapeut in der medizinischen Abteilung des Handball-Bundesligisten TuS N-Lübbecke. Für andere Unternehmen könnte dies Vorbild sein. GWD-Mannschaftsarzt Dr. Jörg Pöhlmann ist „eine solide Vertrauensbasis“ mit den Spielern am wichtigsten. Noch nie habe ein Berater die Richtung vorgegeben. „Aber das würde ich auch nicht akzeptieren“, betont Pöhlmann, dem es um eine vernünftige Behandlung geht. Grundsätzlich haben Handballer die freie Arztwahl. „Nach einer Verletzung möchten Sportler natürlich so schnell wie möglich wieder spielen“, gibt Aaron Ziercke, Co-Trainer bei GWD Minden und ausgebildeter Physiotherapeut, zu bedenken. Insgesamt blieben etwa 15 Jahre Zeit, um Leistungssport zu betreiben - nur 15 Jahre. „Da geht man vielleicht zu einem Arzt, wo man vier Wochen früher wieder spielen kann.“

Vernetzung ist wichtig
Aus Sicht Zierckes, der es als Aktiver auf 24 Länderspiele und 52 Tore gebracht hat, ist dies ein Punkt, über den Spitzensportler noch besser aufgeklärt werden könnten. „Von morgens bis abends betreuen kann man die Spieler nicht“, weiß er. „Man kann nur an die Vernunft appellieren.“ Machtlos kann der jeweilige Verein sein, wenn Spieler im Ausland mit ihren Nationalmannschaft unterwegs sind und sich verletzen. „Dann“, so Manager Gieseking, „wird in dem Land behandelt. Wir werden nicht gefragt und haben das Problem anschließend.“ Der Manager betont, bei Verletzungen noch nie Probleme mit eigenen Trainern gehabt zu haben. Dr. Rubin Mogarrehbi, beschäftigt am Katholischen Krankenhaus Duisburg, ist zugleich Teamarzt der Senioren- Nationalmannschaft des American Football Verbandes Deutschland. „Wenn ich sage, dass ein Spieler nicht weiterspielen kann, gibt es keine Diskussion“, stellt er klar. Das klingt nach harter Linie, doch als Arzt ist Mogarrehbi vertrauensvoll. Optisch mögen viele Footballer leicht mit Kleiderschränken zu verwechseln sein. „Doch die meisten Spieler brauchen Zuspruch.“ Manchmal haben Vereine einfach kein Glück - und dann kommt auch noch Pech hinzu. So ist ein Neuzugang von Fußball-Bundesligist Hannover 96 an Tuberkulose erkrankt, in anderen Vereinen brachten Kicker Malaria mit. Dr. Marco Ezechieli, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der sich gleichzeitig um die Gesundheit der Hannover Scorpions (Eishockey) kümmert, sagt es in zwei Worten: „Suboptimal gelaufen.“

Tipps für Freizeitsportler: Vorher zum Arzt, nichts überstürzen, eisige Kälte meiden
Es lebe der Breitensport: Immer mehr Deutsche tun in der Freizeit etwas für ihre Gesundheit, ohne gleich an Wettkämpfen teilzunehmen oder Rekorde zu jagen. Folglich nimmt auch die Zahl der Sportverletzungen zu. Rund 1,5 Millionen sind es jährlich. Jede fünfte Verletzung betrifft Muskeln, Sehnen und Bänder. Muskelfasern können durch direkte Einwirkung oder plötzliche Überlastung reißen. Bei Verrenkungen großer Gelenke rangiert die Schulterluxation auf Platz eins.

Vereine der Bundesliga haben für solche Fälle extra eine medizinische Abteilung. Freizeitsportler fragen zu Risiken und Nebenwirkungen am besten ihren Arzt, Physiotherapeuten oder Fitnesstrainer. Ein anerkannter Experte ist Prof. Dr. Johannes Zeichen, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Johannes Wesling Klinikum in Minden. Sein Rat: Vor Beginn der sportlichen Aktivitäten sollten zwei Ärzte zum Gesundheitscheck aufgesucht werden - je ein Orthopäde und Internist. Beide sollten zusammenarbeiten. Wenn die Mediziner grünes Licht geben, kann es auch schon losgehen.

„Übungen zum Aufwärmen und Dehnen sind immer das Erste“, rät Prof. Zeichen. Tipp Nummer zwei: Übertriebener Ehrgeiz sei gerade zu Beginn ein grundlegender Fehler. Speziell für Anfänger gilt daher: langsam angehen lassen. „Wichtig ist Kontinuität“, betont der Professor. Bei Ausdauersportarten empfehle sich Training an zwei bis drei Tagen wöchentlich, jeweils etwa eine Stunde lang.

Ruckartige Bewegungen sollten auf jeden Fall vermieden werden. Training in winterlicher Kälte kann ebenfalls riskant sein. „Minusgrade sind gefährlich“, warnt Prof. Dr. Zeichen. „Bei Muskeln kann dies zu Rissen führen.“ Mehr noch: Durch die Verengung der Lungengefäße könnten Sportler bei Kälte Kreislaufprobleme bekommen.

Im Fitness-Studio sind derartige Temperaturen nicht zu erwarten. Der Mediziner empfiehlt Einsteigern, sich einen erfahrenen Trainer zu suchen, anstatt auf eigene Faust Gewichte zu stemmen. Egal, welche Sportart es sein soll, Muckibude oder freie Natur: „Informationen kann man sich aus dem Internet besorgen.“ Grundsätzlich hätten alle Trendsportarten, bei denen „Action“ groß geschrieben werde, ein höheres Risiko. „Aber Sport ist besser als kein Sport“, sagt Prof. Dr. Zeichen. Er selbst macht regelmäßig Fitnesstraining, geht schwimmen und schwingt sich im Sommer aufs Fahrrad – am liebsten an der Weser.

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