Zurück ins Leben tasten

Bachelor-Studenten stellen ihre Projektarbeiten vor

Foto: MKK (jpg. MKK Bachelor of science) Spricht die Sinne an: Uli Bölling mit einem Teil der von ihm gebauten Tast- und Übungswand.

Minden, Juli/August 2013. Halbzeit beim dualen Studiengang „Gesundheits- und Krankenpflege“ an der MKK Akademie für Gesundheitsberufe: Im vierten von acht Semestern haben 19 angehende Bachelor of Science ihre Projektarbeiten vorgestellt. Der praktische Nutzen ist groß. „Die Arbeiten werden unter anderem zur Weiterentwicklung von Pflegestandards genutzt“, erklärt Kursleiterin Nadine Wächter von der Akademie für Gesundheitsberufe der Mühlenkreiskliniken. „Auch erfahrene Pflegekräfte können davon profitieren.“ Patienten sowieso.

Der Student Uli Bölling zum Beispiel, ein 24-Jähriger aus Stadthagen, hat eine Tast- und Übungswand für Menschen entwickelt, die einen Schlaganfall erlitten haben. Die Wand bereichert jetzt die Station für Geriatrie, wo ältere Patienten medizinisch versorgt werden. Sie ist in drei Bereiche aufgeteilt. Auf den ersten Blick wirkt die Tastwand wie ein Sammelsurium von Gegenständen, doch der Eindruck täuscht. Muscheln oder Schildkrötenpanzer etwa sprechen die taktile Wahrnehmung an, einen Teil des Tastsinnes. Telefon, Wasserhahn oder Stecker sorgen für Bewegungsempfindung. Klingeln oder Hupen schließlich helfen dem Gehörsinn auf die Sprünge.

Training für Patienten
„Übung ist wichtig“, erklärt Bölling. „Es geht um die Wiedererlangung sensorischer und motorischer Fähigkeiten.“ Die Erholung der Gehirnstruktur werde gefördert. Wenn es nach Bölling geht, sollen außer dem Johannes Wesling Klinikum Minden (JWK) auch andere Krankenhäuser profitieren. „Ich würde mich freuen, wenn ich noch mehr Tastwände bauen dürfte“, sagt er.

„Durchweg positiv“ fällt die Halbzeitbilanz von Anke Sorhage zum dualen Studium aus. „Mit den Leistungen sind wir sehr, sehr zufrieden“, sagt die stellvertretende Schulleiterin der Gesundheits- und Krankenpflegeschule/Kinderkrankenpflege-schule der Akademie für Gesundheitsberufe in Minden. „Hohes Engagement, große Motivation, viel Eigenleistung“, fasst sie zusammen. „Die Studenten haben sich in Stationsalltag und Theorie gut eingefunden.“ Im Praxiseinsatz arbeiteten sie in Teams mit Ärzten und Therapeuten. Die Studierenden lernen beispielsweise, pflegerische Abläufe auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu steuern, dass pflegebedürftige Menschen optimal versorgt werden. Nach dem Studium mit den drei Lernorten Hochschule, Berufsfachschule und Krankenhaus, werden die Bachelor of Science, ein international anerkannter akademischer Grad mit guten Karrierechancen, auch Pflegearbeiten an Patienten übernehmen. Möglich geworden ist der noch junge Studiengang durch eine enge Kooperation zwischen den Mühlenkreiskliniken und deren Akademie für Gesundheitsberufe sowie der Fachhochschule (FH) Bielefeld, Campus Minden. Zu tun hat dies nicht zuletzt mit dem demografischen Wandel, wonach die Bevölkerung im Schnitt immer älter wird und der Anteil von Pflegebedürftigen zunimmt.

Praxis und Theorie vereint
Die berufliche Qualifikation zum Gesundheits- und Krankenpfleger ist bereits nach dreieinhalb Jahren erreicht. Im achten und letzten Semester widmen sich die Studenten dann den Bachelor-Arbeiten. Ihren Praxiseinsatz hatten sie im Johannes Wesling Klinikum Minden. Nach dem Abitur hatte Uli Bölling dort bereits ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, bevor er im praktischen Teil seiner Ausbildung etwa ein halbes Dutzend Stationen kennen lernte, darunter auch die Bereiche Urologie, Kardiologie und Neurologie.

Von anfangs 25 Studenten sind 19 am Ball geblieben. Einer hat aufgehört, zwei haben die Ausbildung gewechselt. Und drei junge Frauen sind schwanger geworden. Uli Bölling hatte es erst mit Chemie versucht, das Studium dann aber nach drei Semestern abgebrochen. „Chemie war mir zu trocken“, erzählt er. „Ich möchte Kontakt zu Menschen haben.“ Mit dem Bachelor of Science ist Bölling da bestens bedient. Nach acht Semestern möchte er noch ein Masterstudium anhängen.

Aufhorchen lassen auch die übrigen Projektarbeiten. So hat sich Sarina Stockmann mit Schwarztee-Auflagen für Dialyse-Patienten beschäftigt, die auf der Station für Nieren- und Bluthochdruckerkrankungen behandelt werden. Harnstoffe in der Haut können extremen Juckreiz auslösen. Wickel mit Schwarztee bringen Linderung. Für andere Patienten bedeutet die Arbeit von Liv Frenzel praktische Hilfe. Durch eine spezielle Sitztechnik lernen Menschen, die an Chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) leiden, wie sie besser ein- und ausatmen können. Hilfreich kann in solchen Fällen der so genannte Kutschersitz sein: Patienten sitzen auf einem Stuhl und stützen die Ellbogen auf ihren Knien ab. So wird der Brustkorb vom Gewicht der Arme entlastet und kann sich erweitern. Endlich wieder leichter atmen.

Newsletter
Klinikfinder