Telemedizin erhöht Sicherheit für Herzpatienten

100. Überwachungsgerät implantiert

Frisch nach der Implantation des Defibrillators testen die Herzspezialisten die volle Funktionsfähigkeit. (v. l.) Wolfgang Grote, Chefarzt PD Dr. Marcus Wiemer und Koordinator Helge Wuttig.

Eine Ohnmacht und ein Sturz sorgten dafür, dass Wolfgang Grote bereits im Januar 2015 ins Johannes Wesling Klinikum in Minden (JWK) eingeliefert werden musste. "Die Abdrücke meiner Badewanne spüre ich noch immer", flachst der 83-jährige Mindener. Für einen Moment hatte er einfach das Bewusstsein verloren und trotzdem Glück im Unglück: Außer schmerzhaften Prellungen war ihm nichts Ernsthaftes passiert. Im JWK kamen die Spezialisten schnell der Ursache für seine Ohnmacht auf die Spur. "Herr Grote leidet an einer altersbedingten Herzschwäche", erläutert PD Dr. Marcus Wiemer, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin. "Durch einen plötzliche Bewegung oder eine kleine Rhythmusstörung des Herzens war das Gehirn für einen Moment nicht ausreichend mit Blut versorgt. Im Ergebnis hat es dann abgeschaltet und Herr Grote wurde ohnmächtig." Damit so etwas nicht wieder geschieht, haben die Herzspezialisten am Johannes Wesling Klinikum Minden ihm einen Defibrillator implantiert. Dieses, nur wenige zentimetergroße Gerät, wird unter dem linken Schlüsselbein bei örtlicher Betäubung eingepflanzt. Es kontrolliert ständig die Herztätigkeit. Sollte das Herz wieder einmal aussetzen, so gibt das Gerät einen gezielten Stromstoß ab und hilft dem Pumporgan wieder auf die Sprünge. Eine Ohnmacht kann so vermieden werden. "Das Besondere an dem Gerät, das wir Herrn Grote implantiert haben, ist, dass es die Daten seiner Herztätigkeit misst, aufzeichnet und einmal am Tag zu uns ins Johannes Wesling Klinikum Minden überträgt", erläutert Wiemer. "Sollte irgendeine Anomalie auftreten, rufen wir Herrn Grote an und können ihn einbestellen." Wolfgang Grote ist bereits der 100. Patient, der durch die Experten des JWK in das sogenannte Home Monitoring-Programm eingeschlossen wurde. Betreut werden sie von Helge Wuttig. Er ist Koordinator für das telekardiologische Monitoring in der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin. "Die Patienten müssen lediglich einen CardioMessenger® mit nach Hause nehmen. Das ist ein kleiner Kasten, der am besten neben dem Bett platziert wird. In der Nacht liest dieses Gerät per Funk die Daten des implantierten Herzüberwachungsgerätes aus und übermittelt diese anschließend über ein Mobilfunknetz an einen geschützten Server: Das Praktische daran: Das Ganze funktioniert vollautomatisch und ohne Zutun des Patienten."

Langzeitkontrolle steigert Behandlungsqualität

Das Ergebnis: Selbst kleine Besonderheiten der Herztätigkeit werden in einer EKG-Kurve dargestellt und an die Herzspezialisten im Johannes Wesling Klinikum Minden übertragen. "Oft sind dies Auffälligkeiten in der Rhythmik des Herzschlages", verdeutlicht Chefarzt Wiemer. "Die Patienten spüren in aller Regel nichts davon. Wir können daraus aber ablesen, ob sich möglicherweise ein ernsthafterer Vorfall anbahnt, den wir durch eine rechtzeitige Behandlung verhindern können." Besonders sinnvoll ist diese Form der Überwachung für Patienten, die an einem Vorhofflimmern leiden. Beim Pumpvorgang wird das Blut nicht mehr vollständig in die Herzkammer transportiert. Somit staut es sich in den Vorhöfen und das kann dazu führen, dass sich kleine Gerinnsel, so genannte Thromben, bilden können. Wandern diese durch die Blutbahnen, erhöhen sie massiv das Schlaganfallrisiko der betroffenen Patienten. "Stellen wir über das Home Monitoring so ein Vorhofflimmern fest, können wir rechtzeitig Medikamente geben und das Schlaganfallrisiko extrem verringern", weiß der Kardiologe. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden regelmäßig an die betreuenden niedergelassenen Mediziner weitergeleitet. Die wissen über den aktuellen Zustand ihres Patienten Bescheid, können ihre Therapien anpassen und, wenn nötig, den Patienten zu sich in die Praxis einbestellen. Bei herkömmlichen Defibrillatoren und Herzschrittmachern müssen die Patienten zu regelmäßigen Sprechstunden in die Krankenhäuser kommen. Bei den Home Monitoring-Geräten entfällt diese Notwendigkeit nahezu komplett. Dennoch wird ihr Einsatz noch nicht von allen Kassen finanziert.

Wolfgang Grote ist bereits kurz nach der Defibrillatorenimplantation wieder auf den Beinen. Gemeinsam wird er vom Chefarzt und dem Studienkoordinator untersucht. Alles passt: Der Defi funktioniert und auch die Datenübertragung klappt reibungslos. "Einen Schreck habe ich nach meinem Sturz ja schon bekommen", gesteht der 83-Jährige. "Mit dem neuen Gerät und der telemedizinischen Überwachung fühle ich mich ein ganzes Stück sicherer." "Und das mit Recht", ergänzt der Herzspezialist Wiemer. Seit 2013 setzen er und seine Kollegen die telemedizinische Überwachung ein. "Wir konnten feststellen, dass sich die Patienten zum einen sicherer fühlen, dass wir ihnen aber auch, durch die schnelle Möglichkeit zur Intervention und einer Therapieanpassung, oft längere und schwerwiegende stationäre Krankenhausaufenthalte ersparen können."

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